Mittwoch, 29. Oktober 2014

Donnerstag bis Sonntag, 09. - 12.10.2014: Hitchhiking-Trip nach Vilnius und Riga


Das ich so eine verrückte Reise machen würde, hätte ich nicht für möglich gehalten. Zumindest nicht so bald. Und ja, am Anfang war ich skeptisch, wie sollte das schon gehen, dieses Hitchhiken, wer würde uns schon mitnehmen, und so viele Leute. Doch schon nach Vilnius wurden wir nach vielleicht 5 oder 10 Minuten von jemand aufgegriffen, Krzysztof, der besser Englisch sprach, als er dachte, als Maschinist und Stuntman arbeitet und vielleicht nächstes Jahr heiraten will. Er hing zwar die ganze Zeit am Handy, schaute nicht immer auf die Straße sondern auch mal auf den Laptop oder in den Rückspiegel und fuhr außerdem wie ein Berserker, aber er kaufte uns immerhin bei der ersten Gelegenheit einen Autoatlas von Polen, weil wir unsere Karte an der Wand im Wohnzimmer vergessen hatten, und brachte uns in zwei Stunden nicht nur nach Białystok, sondern sogar noch 55km weiter bis fast nach Augustów. Dort setzte er uns bei einem Motel ab, einem Haltepunkt für viele LKWs, nur dass viele davon erst am nächsten Morgen weiterführen. Wir standen also eine Weile wartend herum, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite. Da stoppte schon ein langer LKW in unserer Einfahrt, die eigentlich die Ausfahrt war, und der Fahrer winkte uns zu sich und nahm uns auch alle drei zu sich ins Führerhäuschen auf. Er sprach nur Polnisch, war aber sehr freundlich und witzig, erzählte gleich seinem Kollegen per Funk, dass er trzy dziewczyny aufgegabelt hatte, und mit unseren Basis-Sprachkenntnissen kamen wir doch ganz gut zurecht. Ja, für mich war es gut zu sehen, dass ich mich ausreichend mitteilen kann, gut, einfach einmal zu sprechen, weil man es muss, ohne Option auf Englisch.  Und dann klappte dieser zweite Krzysztof das zweite Bett herunter und weil Elodie wach bleiben und aufpassen wollte, schliefen Frederike unten und ich oben einen kurzen, wackeligen, aber doch auch guten Schlaf. 


Weil unser Fahrer mit seinem Truck natürlich nicht in das kleine Vilnius fahren konnte, setzte er un auf der Autobahn ab, die zwar autoleer, aber wundervoll beleuchtet war, und sagte uns, wir müssten nur 2km na lewo, na lewo. Nur als wir dann nach diversen Klettereien auf einer Straße ankamen, waren dort 11km ausgewiesen. Und diese führten durch einen dunklen, dunklen Wald ... Was also tun? Wieder hitchhiken. Und tatsächlich blieb sehr schnell ein alter Mann stehen, der uns zwar nicht gut verstand, uns aber nach einer polnischen Erklärung zu sich einlud und uns an einem sehr zentralen Platz absetzte. Ja, an diesem Tag hatten alle unsere Hitchhiking-Pläne wunderbar geklappt. Wir hatten nirgends lange gewartet, alle waren sehr nett gewesen, wir waren angekommen und nach umgerechnet 1,40€ pro Person Taxifahrt sogar bei Andrew, unser Übernachtungsgelegenheit, aufgeschlagen, wo wir süßen Tee tranken, über Weißrussland und die Ukraine, das schöne Vilnius an sich und unsere Pläne sprachen und irgendwann zufrieden in den kuscheligen Schlafsack fielen.


Am nächsten Morgen brachen wir ohne Führung zu unserer Stadterkundung auf. Die Stadt ist schön, zumindest die Altstadt. Das kommunistische Viertel, in dem wir genächtigt hatten, reizte mich hingegen gar nicht, aber das ist ja bei allen großen Städten so. Wir nahmen erst einmal in einem kleinen Kaffee ein süßes Frühstück, mit einem super leckeren Chai Latte mit Zimt und Schoko und Muffin ein ... einfach herrlich. Und das bei schönsten Wetter. Danach begannen wir die Altstadt zu entdecken, trafen sehr viele Deutsche, in der Tourist-Info eine sehr nette Frau und Elodie ließ sich einen Piercing stechen. Während sie das tat, warteten Frederike und ich unterhalb des Turms im Park und sahen viele Gruppen, die in Bauarbeiterkleidung zusammen gebunden waren und sangen. Hernach stiegen wir zum Turm auf und es war unglaublich friedlich, hoch über der Stadt, bei tollem Wetter und herbstlich buntem Laub.

Unser kommunistischer Wohnblock

Ein gutes Frühstück rettet jeden Tag =)

Blick in eine griechisch-katholische Kirche

Zwei Deutsche vor dem Deutschen Restaurant  "Bunte Gans"

Blick in eine russisch-orthodoxe Kirche

Der Marktplatz

Der Turm

Blick auf die Neustadt

Blick auf die Altstadt

Wir liefen am Fluss entlang zu unserem Bus und nahmen in dem nahen Einkaufszentrum ein Abendbrot ein. Vor dem Einkaufszentrum malten wir uns dann ein Riga-Schild und hielten wieder den Daumen raus. Viele Autos standen an der Ampel und sofort gabelte uns jemand auf. Er verlegte Fliesen und war freundlich, doch dann gerieten wir in einen Stau und er entschied, eine andere Route zu nehmen. Also sprangen wir an einer Ausfahrt raus. Und wieder warteten wir nicht lange. Ein Vitus aus Weißrussland nahm uns auf. Er sprach besser Englisch, als er dachte und wir unterhielten uns viel. Witzigerweise fragten uns unsere Mitfahrgelegenheiten immer, ob wir uns keine Sorgen machten, ob uns etwas passieren könnte ... und wir sagten immer, wir seien drei wehrhafte, junge Frauen.
Wie auch immer, er setzte uns nach einer Ausfahrt ab, in völliger Dunkelheit. Mal davon abgesehen, dass es dunkel war und man uns schlecht sah, malte ich uns eigentlich gute Chancen aus, mitgenommen zu werden, hatten wir ja bisher immer schnell jemanden gefunden und außerdem war es erst gegen 8. Aber es kamen nicht viele Autos und trotz beleuchteter Porsche-Hand hielt nicht ein Auto und so gaben wir nach vielleicht zwei Stunden schließlich auf. Wir hatten schon überlegt, in das nahe Dorf zu geh und um Hilfe zu bitten, als auf der Gegenfahrbahn ein kleiner Laster hielt und lange stehen blieb. Wir gingen, ob wir helfen konnten. Der Fahrer sprach nur Russisch, also versuchte ich es auf Polnisch und wir schafften es ihm klar zu machen, dass wir gerne zur nächsten Stadt wollten. Obwohl er nur zwei Beifahrerplätze hatte, quetschten wir uns alle drei rein, Frederike auf meinem Schoß, und er ließ uns an einer Tankstelle raus, wo es auch ein Hotel gab. Nach wenigen Minuten Probieren kauften wir uns etwas zum Beißen und checkten im Hotel ein. Mit knapp 24€ pro Person im 3er-Zimmer war es eine sehr teure Nacht, dafür aber mit Dusche, warmer Decke, freiem Internet, TV, nettem Bild ... ein richtiger Hotelaufenthalt eben.
Wir genossen ihn, nahmen am Morgen Kaffee und Tee mit diversen Gebäckstücken zu uns und hielten wieder unser Riga-Schild raus. Ein netter rundlicher Mann im mittleren Alter aus Riga lud uns ein. Er war nicht sehr gesprächig, aber immer mal leierte er ein Ründchen an und dann erzählte er von einem Nationalpark nahe Riga und wie schön dieser im Herbst sei und er suchte uns sogar Züge heraus, wie wir dahin kommen könnten. Außerdem empfahl er uns die Bucht, welche aber 12km vom Stadtzentrum entfernt ist, obwohl Riga natürlich am Meer liegt. Netterweise brachte er uns zu Diana nach Hause, sodass wir nicht erst ihre Adresse suchen mussten und außerdem unser Gepäck ablegen konnten.
Diana ist eine so nette und liebenswerte Person. Sie machte uns gleich ein paar Brote und hatte sogar zwei Betten bezogen und Handtücher rausgelegt. Sie hat eine wunderschöne Katze und einen sehr dicken Hund mit einem sehr weichen, aber kurzen Fell.



Und schon ging sie mit uns zur Haltestelle, kaufte uns 2-Fahrten-Tickets und wartete sogar mit uns auf den Bus. Eigentlich sollten wir bis zur Endstation fahren und eigentlich hatte die auch einen sehr einfachen Namen, aber irgendwie verpassten wir es trotzdem dort auszusteigen, wo alle ausstiegen, weil einfach keine Ansage kam, welche Station wir gerade passierten. Also fuhren wir noch eine kleine große Runde zur nächsten Station, liefen dann ein Stück zurück und kamen zu einem wunderschönen Park. Der Herbst hier ist besonders schön, die Bäume waren noch grün, aber es gab auch schon bunte Blätter. Das Licht war großartig, alles war großartig.
Auf dem Weg in die Innenstadt, wo wir uns mit Frederikes Freundin Lelde treffen wollten, kamen wir noch am Freiheitsdenkmal vorbei, dem Zeichen der Souveränität Lettlands. Zwei Militärs halten hier Mahnwache.


Und dann trafen wir schon Lelde und Tomass an einem Markt, den wir im Laufe des Tages gefühlte tausend Mal passierten. Zuerst suchten wir ein Café und wir schafften es tatsächlich, den letzten Tisch in Mārtiņa Beķereja zu ergattern, einer so tollen Bäckerei mit Café: Sie hatten mindestens 20 Sorten Tee, guten Tee. Und dann eine lange Theke mit so tollen Kuchen, mit Creme, mit Frucht, kleine Törtchen, Rollen, Blechkuchen etc. Und hinter den Verkäuferinnen gab es noch mehr Kuchen: Blechkuchen, die man nach Gewicht bezahlt, Gebäckstücke, Kekse. Und ich bezahlte für 2 große Stück Kuchen gerade einmal 0,75€ – für das Geld hätte ich in Deutschland nicht mal ein Stück Kuchen bekommen.


Danach gingen wir durch die Altstadt, die sich effektiv zwischen zwei Brücken befindet. Auch die Bibliothek ist wirklich schön, aber war wie fast immer alles viel zu teuer und wird dafür von vielen nicht gemocht. Auf jeder Etage sind Bäder, Ausstellungen, Waschbecken auf dem Flur, es ist cool getäfelt … ich verliebte mich mehr und mehr in Riga und Lettland an sich (okay, ich weiß nichts über Lettland, ich kenne nur Riga, aber ich liebe es, wirklich). Nach der Aussicht kehrten wir in die Stadt zurück. Da ist dieses super schöne Rathaus mit blauer Uhr, ein Marktplatz mit Kirche und die drei ältesten Häuser. Wir shoppten in einem Laden und ich fand heraus, dass in der lettischen Ornamentik das Hakenkreuz ein Symbol für Sonnenenergie ist, das Glück und Kraft bringt, hilft, das Böse abzuwehren, und einem im Kampf unterstützt. Zuletzt besuchten wir noch die Bremer Stadtmusikanten und natürlich muss man alle vier berühren, um Glück zu haben. Da der Hahn jedoch sehr weit oben ist, hob uns Tomass alle nacheinander hoch. Und wer die Geschichte der Bremer Stadtmusikanten noch mal nachlesen möchte … bitte, ich konnte mich auch nur noch an Bruchstücke erinnern, als wir erzählen sollten.



Das Rathaus


Das Hakenkreuz als Symbol der Sonnenenergie

Die Bremer Stadtmusikanten

Unsere erste Station am Abend war eine Bar, in der typisch lettische Biersorten angeboten wurden. Doch schon bald zogen wir weiter zu einer Bar, die irgendetwas mit Ali hieß. Am Eingang mussten wir zwar unseren Ausweis zeigen und ich musste meine Kekse abgeben, aber dann stiegen wir in den besten Keller hinab, den ich je gesehen hatte. Zum einen sind hier alle Sorten Menschen, zum anderen spielt Live-Musik. Und man kann wunderbare Sachen essen: garlic bread, typisch lettisch. Und Kartoffelchips, die aus echten Kartoffelscheiben gemacht sind (ja, das ist nicht selbstverständlich!). 

Ich schlief gut, nur das Wetter war grauenvoll. Es war sehr verregnet und kalt. Bei diesem ekligen Wetter brachen wir zum Bus auf und hatten es eh schon eilig, als Elodie auffiel, dass sie weder ihre Kamera, noch ihren Ausweis, ihre Bankkarte und ihren Schal hatte. Okay, diese Dinge waren wichtig und wir gingen zurück. Ich war nicht glücklich, aber auch nicht angepisst, weil … weil das Leben eben so spielt und weil ich nicht böse sein konnte und weil ich es eh nicht ändern konnte. Ja, Elodie hatte ihren ganze Shopping-Beutel vom Vortag in der Küche stehen lassen. Weil es regnete beschloss ich, dass wir in Dianas Haus warten konnten, weil der nächste Bus erst in einer halben Stunde fuhr. Nun, das dachte ich. Aber als wir dann losgingen, kam uns der Bus entgegen. Okay, 6 Minuten eher. Nächster Bus in 30min. Das würde knapp werden. Und dann … kam der Bus, wir sprangen in den Bus, aus dem Bus, über und durch viele Pfützen – ja, es war unmöglich ohne nasse Füße die Straße zu überqueren – immer der Beschreibung nach, in Richtung Freiheitsmonument, nach links, zu dem großen Shopping-Center und dann dahinter. Und ja, natürlich waren wir pünktlich und hatten sogar noch Zeit, einen Kaffee zu trinken.
Und schon nahte der Abschied, ein letztes Selfie und schon sprangen wir in den Bus und machten es uns bei Filmen und Musik bequem. Und fuhren stundenlang nach Vilnius und noch viel länger nach Warschau, plus Zeitverschiebung. Was für eine gelungene Reise. Danke Mädels!


Wir kamen noch mal an UNSEREM Hotel vorbei ^^

Passkontrolle!

1 Kommentar:

  1. Verrückt, was ihr so alles anstellt! :D
    Aber guter Lesestoff, wenns gerade mal langweilig im Büro ist... ;)

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