Am
Karsamstag ist in Deutschland eher ein ruhiger Tag. Die letzten
Vorbereitungen laufen, der ein oder andere macht ein paar Ausflüge.
In Polen hingegen gehen alle mit ihren Osterkörben, koszyczek
genannt,
in die Kirche. Traditionell geht das jüngste Kind der Familie zur
Segnung der Speisen, aber heute gehen meistens alle zusammen. In
meiner Gemeinde wurde alle 15min die Segnung der Osterkörbe
angeboten und zum ersten Mal konnten wir unsere neue (aber natürlich
noch immer im Bau befindliche) Kirche von innen besuchen. In einen
typisch polnischen Korb gehören folgende Dinge: Brot,
Eier
(bemalt
oder beklebt), Salz,
Würste
(kiełbasy),
Meerrettich
(chrzan),
Babka (eine
Art Rührkuchen) und
ein
Lamm (baranek)
aus Teig, Zucker, Schokolade,
Wachs
oder
Gips.
Das
Brot ist Symbol Christi als Brot des Lebens. Die Eier sind Zeichen
von Auferstehung und neuem Leben. Das Salz (und manchmal auch
Pfeffer) ist Zeichen von Echtheit und Unsterblichkeit und damit
Symbol für das Bündnis zwischen den Menschen und Gott sowie für
Gastfreundschaft und die Reinigung des Herzens. Würste
stehen für Wohlstand. Der manchmal von Region zu Region
unterschiedlich auch beigefügte Käse steht für die Freundschaft
der Menschen zu ihren Nutztieren. Der gesegnete und zum
Osterfrühstück verspeiste Meerrettich erinnert daran, dass die
Bitterkeit der Folter und der Schmerzen Jesu überwunden und auch für
uns überwindbar sind. Der in guten Familien selbst gebackene und
nicht gekaufte Babka-Kuchen steht für Talent und Tugend und die
Lamm-Figur schließlich für das Lamm Gottes, für das gebrachte
Opfer, welches gleichzeitig Geschenk und Erlösung ist.
In unserer neuen Kirche |
Unser Osterkorb |
Schon
am frühen Samstagabend, um 19:00 Uhr, stand die nächste Messe auf
dem Programm und ich fragte mich, was hier wohl kommen möge, denn
für eine Osternacht war es doch noch etwas zu früh. Und außerdem
erwartete uns noch ein Gottesdienst am Sonntagmorgen um 6:00 Uhr.
Kurz vor Beginn der Feier wurde die Monstranz ohne großes Aufhebens
vom Seitenaltar weggeholt. Dann begann wir draußen vor der Kirche
und versammelten uns um das Osterfeuer, in welcher jeder seine
Palmzweige verbrennen lassen konnte. Dann
kamen die Priester und Ministranten heraus gezogen und das Feuer
wurde gesegnet und die Wundmale an der Osterkerze (Paschał)
angebracht.
Eigentlich war die ganze Aktion witzlos, denn es war noch ziemlich
hell draußen und es kam gar nicht so richtig zur Geltung, dass das
Licht der Osterkerze bei jedem „Lumen Christi“ weiter an die
Gemeinde verteilt wurde, zumal im Inneren der Kirche schon das Licht
brannte. Viele bringen hier in Polen übrigens ihre Taufkerzen mit in
die Osternacht, da die Erneuerung des Taufversprechens ein
bedeutender Bestandteil der Liturgie ist.
Wegen
des schon brennenden Lichtes wurden beim Excultet und auch bei den
Lesungen keine Kerzen gehalten.Wir hatten übrigens 5 der 7 möglichen
Lesungen – über die Erschaffung der Welt, die Opferung Isaaks, den
Auszug aus Ägypten (welche durch ein Hosanna zu Ende geführt
wurde), eine Jesaja-Lesung und den Hezekiel-Text. Das
Gloria wurde mit tosendem Glockengeläut begrüßt und in gleichem
Augenblick wurden die Altarkerzen entzündet. Nach dem Tagesgebet
folgten wie gewohnt die Epistellesung, Halleluja, Evangelium und die
Allerheiligenlitanei. Schließlich wurde bei der Taufwasserweihe die
Osterkerze 3 Mal eingetaucht mit der Bitte, der Heilige Geist möge in
dieses Wasser hinabsteigen. Bei der Erneuerung des Taufversprechens
mussten wir unsere Antworten oft 2-3 Mal wiederholen, weil sie dem
zelebrierenden Priester nicht laut genug gewesen waren. Als
der Priester dann herum ging, um uns mit dem neu geweihten Wasser zu
segnen, zündeten alle wieder ihre Kerzen an. Mit Wasser gespart
wurde auch nicht gerade und unser lieber Jugendpfarrer spritzte mit
seinem Besen mehr herum, als je in Lobeda. Wir
hatten übrigens in dieser Messe auch
das
größte je von mir gesehene Aufgebot an Priestern (4) und
Ministranten (38). Am nächsten Tag wurde außerdem verkündet, dass
etwa 800 Leute diese längste Messe des Kirchenjahres besucht hatten.
Ich hätte gar nicht für möglich gehalten, dass so viele Leute in
unsere kleine Kirche passen.
Nach
dem Auszug sangen wir noch ein paar fröhlich-peppige
Auferstehungslieder und die Gemeinde begann im Rhythmus
mitzuklatschen. Die Atmosphäre war so fröhlich, dass die Priester
und Ministranten noch mal raus kamen und sich 3 Mal [1 2 3] eine Zugabe
forderten. Als wir ihnen die letzte Zugabe eigentlich verweigern
wollten, fingen sie einfach von allein an zu singen – ja, das war
mal eine Kirchenparty! ;)
Die
Nacht war kurz, denn wir trafen uns bereits um 4:00 Uhr morgens zur
Chorprobe. Ich hatte mich schon gefragt, was denn nun noch kommen
sollte, wo alles, was wir am Sonntagmorgen in der Messe feiern, schon
am Vortag passiert war. Doch auch der Hohe Sonntag (Wielka
Niedziela)
wartete noch mit einer Überraschung auf. Die erste war das
gemeinsame Chorfrühstück mit dem von unserem Chorleiter selbst
gebackenem, noch frischem Brot. Schließlich sangen wir uns ein
bisschen ein und gingen um 6:00 zum Gottesdienst (Rezurekcja).
Die Monstranz stand wie durch ein Wunder wieder an dem Seitenaltar,
wo sie am Vortag eigentlich weggeholt worden war. Die Messfeier
begann mit einer Prozession zu diesem Altar, die Monstranz wurde
aufgenommen, unter den Himmel gestellt und schließlich verließen
wir alle die Kirche und prozessierten Lieder singend ein wenig durch
unseren Stadtteil, hauptsächlich die Straße hoch und wieder runter.
Wenn die Monstranz einem auf dem Rückweg passierte, kniete man sich
hin, bis sie vorbei gezogen war. Zurück in der Kirche wurde das
Allerheiligste noch ausgesetzt, dann folgte ein ganz normaler
Gottesdienst.
Für den restlichen Sonntag waren Ira und ich wieder bei unserer Arbeitskollegin Ania eingeladen, bei welcher ich schon mein Weihnachtsfest verbracht hatte. Traditionell gab es weißen Barszcz zum Frühstück sowie eine Vielzahl an Wurstaufschnitten sowie Salaten. Zu Beginn des Essens teilen sich alle Anwesenden ein Ei und wünschen sich alles Gute. Typische Kuchen sind Babka, Mazurek und Makowiec sowie Käsekuchen (Sernik).
Am Montag freuen sich besonders Kinder und Jugendliche auf den alten Brauch śmigus-dyngus oder auch lany poniedziałek ("gegossener Montag"). Man bespritzt sich gegenseitig mit Wasser, bevorzugt natürlich Freunde und Bekannte. Früher sollte das Übergießen von Frauen und jungen Mädchen Glück, einen guten Mann und eine baldige heirat wünschen. Ob der auch in Tschechien, der Slowakei, der Ukraine und Ungarn bekannte Brauch auf ein heidnisches Ritual zurückgeht oder auf die Taufe des polnischen Herrschers Mieszko I. im 10. Jahrhundert ist nicht eindeutig belegt.
Am Montag freuen sich besonders Kinder und Jugendliche auf den alten Brauch śmigus-dyngus oder auch lany poniedziałek ("gegossener Montag"). Man bespritzt sich gegenseitig mit Wasser, bevorzugt natürlich Freunde und Bekannte. Früher sollte das Übergießen von Frauen und jungen Mädchen Glück, einen guten Mann und eine baldige heirat wünschen. Ob der auch in Tschechien, der Slowakei, der Ukraine und Ungarn bekannte Brauch auf ein heidnisches Ritual zurückgeht oder auf die Taufe des polnischen Herrschers Mieszko I. im 10. Jahrhundert ist nicht eindeutig belegt.