Montag, 29. September 2014

Cmentarz Żydowski

Ein besonderer Ort der Erinnerungen in Warschau ist der jüdische Friedhof im Stadtteil Powązki. Er birgt über 200.00 jüdische Grabsteine und wird auch heute noch als Friedhof genutzt. In einer Ecke des etwa 33ha großen Geländes ruhen die jüdischen Verstorbenen der letzten Jahre. Damit ist dieser Friedhof nicht nur der größte jüdische un Europa, sondern auch einer der wenigen letzten in Polen. 
Der Friedhof ist nicht wie ein typisch deutscher und vielleicht nicht einmal typisch jüdisch. Die Grabsteine stehen oder liegen sehr eng manchmal kann man kaum zwischen ihnen hindurchgehen mitten im Dickicht des Waldes. Viele sind stark verwittert, manche mit Blumen geschmückt, auf einigen liegen nach jüdischer Tradition Steine, die meisten haben hebräische Inschriften. Auch sehr bekannte jüdische Persönlichkeiten liegen hier bestattet, z.B. die Schauspielerin Ester Rachel Kamińska oder der Erfinder des Esperanto, Ludwik Lejzer Zamenhof.



Grabstein von Ester Rachel Kamińska

A special place in Warsaw to remember is the Jewish cemetery. More than 200.000 old tombstones stay or lie and there is even a place for current funerals. The cemetery covers an area of 33ha and is so not just the biggest Jewish cemetery in Europe but also one of the last in Poland. Many of the stones are heavily weathered. On a lot are stones lieing, some have flowers or even Polish flags, the most have Hebraic inscriptions. Very famous people as the actress Ester Rachel Kamińska or Marek Edelman, a cardiologist, politician and commander of the Warsaw Uprising are interred here.

Sonntag, 28.09.2014: Einst Chopin in die Milchbar ging ...

Nach einer verregneten Woche bot sich der Marathon-Sonntag an, um im Łazienki-Park noch einmal das letzte Chopin-Konzert dieses Jahres zu genießen und so traf ich mich mit meiner zweiten Mentorin, Wanda, die genauso gerne klassische Musik hört wie ich. Und da ich euch trotz meines ersten Berichtes über das Konzert einen Einblick geben möchte, habe ich es diesmal nicht versäumt, eine Sequenz zu filmen.


Danach suchten wir zum ersten Mal eine der berühmten Milchbars auf und dann auch gleich noch die älteste und berühmteste, Prasowy, Marszałkowska 10/16. Ich probierte Leniwe, sogenannte faule Knödel, und Kompot, das man hier in Polen allerdings trinkt. Ich würde es als eine Mischung aus Früchtetee und einem sehr stark verdünnten Kompottsaft bezeichnen, es ist süß und schmeckt eigentlich nach nichts. Auch unsere Kinder im Kindergarten bekommen es immer zu ihren Mahlzeiten. Milchbars haben in Polen eine lange Tradition, schon Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sie langsam und zwischen den beiden Weltkriegen breiteten sie sich rasant aus, weil sie es vermochten, billig und schnell viele Teile der Bevölkerung mit gutem Essen zu versorgen. Gerade im Kommunismus erlebten die Bars ihre Blütezeit. Heute mussten viele schließen, weil sie sich nicht rentiert haben. Wenn man aber eine der traditionellen Bars findet, bekommt man dort zu unglaublich erschwinglichen Preisen frisch zubereitete Speisen aus der traditionellen polnischen Küche, auch wenn man dafür zum Teil lange Wartezeiten in Kauf nehmen muss.



Leniwe und "Kompot" im Glas

Samstag, 27.09.2014: Von Kirchen, Parks und Anglern

Ich muss gestehen, dass dieser vielleicht der überraschendste Tag für mich war. Auch wenn nicht so großartig großartig, dafür aber mit lauter kleinen Momenten des Staunens. Alles begann mit dem Entschluss, einen Spaziergang zu machen, der dann durch das Schreiben von Postkarten und das Kochen von Behelfs-Kartoffelpuffern lange Zeit herausgezögert wurde. Mein Plan von Kabaty bis Imielin zu laufen (zwei Metrostationen die Hauptstraße entlang) wurde bald durch einen süßen Bio-Laden und einen netten Park unterbrochen. Am Eingang des Parks war ein kleiner Skaterplatz, der voller Sonne und junger Menschen war. Dahinter gakelten dünne Bäumchen hoch in den Himmel und verbargen einen sehr großen Spielplatz mit vielen Familien und einer kleinen Brücke, auf der ein Junge einen Apfel fotografierte. Na, wie auch immer ... hinter dem kleinen Pärkchen war eine sehr große Kirche. Und wie ich so bin, musste ich mir diese Kirche anschauen.



Die Kirche ist Ladislaus von Gielniów geweiht, einem Bernhadinermönch, Patron von Polen, Litauen und Warschau. In diese Kirche zu kommen war umwerfend, denn im Eingangsbereich ist viel Freiraum mit Säulen und durch die Sonne und die hellen, in Creme- und Pastelltönen gehaltenen Wände strahlte der ganze Kirchenraum. Vier Bankreihen zieren das Hauptschiff und der umgehbare Altarraum ist mit einem sehr großen Christus, den vier Evangelisten zu seiner Seite und den sieben Sakramenten ausgemalt. Auf beiden Seiten gibt es eine etwas abgegrenzte Seitenkapelle, einer für den Barmherzigen Jesus und eine für die Schwarze Madonna. Der Kreuzweg ist lebensgroß auf die Seitenwände aufgebracht.





Nachdem ich hier eine relativ lange Weile verbracht hatte, ging ich weiter und ob der fortgeschrittenen Zeit nahm ich ab Natolin (ihr ahnt es, der Station zwischen Kabaty und Imielin) die Metro zum Stadtzentrum. Mein Plan war es, die schöne Eisenbahnbrücke zu fotografieren, doch prompt war diese nicht auf der Seite, auf der ich sie vermutet hatte und ich auf einer sehr langen Brücke, die ich wegen hohen Auto- und Straßenbahnverkehres nicht einfach so queren konnte. Dafür war auf meiner Seite ein Auffahrunfall, in den 5 Autos involviert waren. Seltsamerweise saßen in allen Autos noch Insassen. Ich weiß nicht recht, wie man das in Deutschland handhabt, aber ich schätze, bei Unfällen besteht immer die Gefahr, das irgendetwas explodiert und Personen werden eher aus ihren Fahrzeugen evakuiert anstatt darin gelassen. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
Ich sah also auf der anderen Seite der Weichsel den Stadtteil Praga und zwei weitere Kirchtürme über die Häuserblöcke ragen, doch mein Weg wurde erneut durch einen Park abgelenkt, in dessen Mitte eine große Giraffe und eine Menge Hochzeitspaare standen.




Zu guter letzt informierte ich mich über die Öffnungszeiten des Zoos und ging zurück, denn es wurde langsam reichlich kühl. Ich schoss noch ein paar Bilder auf der diesmal richtigen Seite der Brücke, doch das Licht war nicht mehr so gut. Und wie ich so heruntersah, auf eine kleine Sandinsel, die in die Weichsel hineinragt, winkte mir jemand zu. Natürlich winkte ich zurück, das hat man ja schon tausenmal gemacht. Aber dieser Angler, der auch noch gerade einen Fisch gefangen hatte, winkte mich zu ihm. Ich war erst skeptisch, doch eigentlich voller Abenteuerlust, und ohne Angst vor Sprachbarrieren versuchte ich mein Glück und stürzte mich ins Dickicht des Inseldschungels. Der Angler hieß Janusz und konnte glücklicherweise etwas Deutsch, denn er hatte 5 Jahre in Deutschland gearbeitet, als Computertechniker. Und so saßen wir an der Weichsel, unterhielten uns in einem deutsch-polnischen Mischmasch über Warschau, Deutschland, polnisches Essen und Angeln und angelten nebenher, während es rundherum dämmriger und kühler wurde und auf der Altstadtseite die Beleuchtung anging. Eine schöne Erfahrung, eine gute Gelegenheit, einen eingefleischten Warschauer zu treffen, der nicht jugendlich ist und bloß die besten Bars kennt. ^^ 
Mein Rat also an alle, die manchmal vor so einer Entscheidung stehen, so eine Gelegenheit sehen und sich fragen, was sie tun sollen: Habt den Mut, mal etwas Verrücktes zu wagen, denn sonst ärgert ihr euch hinterher, es nicht getan zu haben.



Janusz und ich

Freitag, 26. September 2014

Warschaus Kirchen: Kościół Najświętszego Zbawiciela

Die Kirche des heiligsten Erlösers liegt am gleichnamigen Plac Zbawiciela und ist im Stil des polnisches Barocks gebaut. Ihr Bau begann 1901 und dauerte 26 Jahre an. Wie fast alle Kirchen wurden sie im II. Weltkrieg zerstört, weil die deutsche Armee nach dem Fall des Warschauer Aufstandes Sprengstoff in ihr hochgehen ließ. Nach dem Krieg wurde sie dafür aber umso schneller wieder aufgebaut. Die dreischiffige Kirche mit hoher Decke ist sehr lichtdurchflutet und von betenden und eine Auszeit suchenden Menschen regelmäßig gefüllt.



Im hinteren Teil der Kirche gibt es einen (wirklich sehr kleinen) Bücherladen mit allerhand chrsitlicher Lektüre, Karten und Kalendern und momentan ist ein zusätzlicher Kreuzweg von dem Künstler Jan "Dawid II" Kuraciński ausgestellt, der mir persönlich sehr gut gefällt. Er erinnert mich an den von Jugendlichen selbst gestalteten Kreuzweg im SEB, unserem katholischen Jugendhaus in Erfurt, weil beide aus plastisch aus Holzplatten gearbeitet sind.

Technik ist hier in Polen in Kirchen nicht sehr verpönt.
Und wenn grad keiner beichten will, dann holt man schnell das Tablet raus.
(Aber vielleicht liest er ja nur in der digitalen Bibel ...)

Draußen auf dem Platz steht der 9m hohe und 26m breite Warschauer Regenbogen aus Kunstblumen, Obwohl die Künstlerin dem Werk keine politische, oder gesellschafliche Bedeutung zuschreibt, wird er von vielen mit dem Zeichen der Schwulen- und Lesbenbewegung assoziiert und ist stößt deshalb bei den Warschauern auf sehr geteilte Meinungen. Schon fünf Mal ging der Blumenbogen in Flammen auf und deshalb hat sich die Stadt etwas besonders Schönes einfallen lassen: In die Stahlkonstruktion wurde eine Sprinkleranlage eingebaut, die jede Brandstiftung im Keim ersticken soll.

Ira und ich

Mittwoch, 24. September 2014

Dienstag, 23.09.2014: Ciasto ze śliwkami

Das Thema dieser Woche sind Obst- und Gemüsesorten und am Dienstag war die Pflaume dran. Passend dazu haben wir einen wunderbaren Pflaumenkuchen mit den Kindern gebacken. Und das Schöne ist, dass er unglaublich schnell zu backen geht. Und da ich einmal angefangen habe, alle guten Rezepte hier zu präsentieren voilà, hier ist es:

  1. Man nehme 1kg Zwetschgen oder Pflaumen, halbiere und entsteine sie.
  2. Man nehme ein Stück Butter (ich tippe jetzt einfach mal auf so ein fertig ein gepackt es, wie man es im Supermarkt kaufen kann, 250g oder so in etwa) und schmelze es. 
  3. Den Teig stelle man aus 2,5 Tassen Mehl, 3 Eiern, 1/3 Tasse Milch, 1 Tasse Zucker und 15g Backpulver her, indem man alles miteinander verrühre. Als Tassen wähle man keine allzu großen Kaffeebottiche, aber prinzipiell kommt es auf die Größe des Backbleches und den persönlichen Geschmack an.
  4. Man fülle nun also den Teig auf ein Blech, belege ihn mit den Pflaumen und bestreue es mit Zucker oder Streuseln.
  5. Jetzt kommt das alles für 50min bei 180 °C in den Ofen und ...
  6. Smacznego!

Because my Polish is not good enough to shorten the original recipe here the very original recipe:

Szybki placek ze śliwkami
  • 1 kg dużych śliwek,
  • 1 kostka margaryny,
  • 2,5 szkl. mąki,
  • 3 szt jajka,
  • 1/3 szkl. mleka,
  • 1 szkl. cukru
  • 15 g proszku do pieczenia
  • kruszonka
Margarynę rozpuszczamy i studzimy do temperatury pokojowej. Wsypujemy  szklankę cukru do miski, dodajemy margarynę, wbijamy  3 jajka i dokładnie mieszamy (wystarczy łyżką) . Wsypujemy po kolei mąkę małymi porcjami, dodajemy  mleko, pod koniec wsypujemy  proszek do pieczenia i dokładnie mieszamy.
Wykładamy ciasto na natłuszczoną blachę, na wierzch kładziemy śliwki skórką do dołu i posypujemy kruszonką.
Pieczemy w 180 C około 50 minut.
Bardzo jestem zadowolona z tego placka – robi się szybko i niekłopotliwie a smakuje doskonale.

Montag, 22.09.2014: Ein bisschen Armenien

Am Montag trafen wir uns in der Foundation, um Suzi bei einer Präsentation über Armenien zu helfen. Da wir natürlich alle recht wenig über Armenien wissen, hat sie uns einfach ihr Land vorgestellt: How to date an armenien man. In Armenien ist es nämlich so, dass Frauen quasi keine Chance haben, ihren Prinzen mit Eigeninitiative zu gewinnen, weil sie bei der kleinsten Form der Initiative (auch einem Lächeln) schnell als Schlampe gelten. Als Schlampe gilt man übrigens auch, wenn man als Frau raucht oder abends ausgeht und (besonders in der Öffentlichkeit) Alkohol trinkt. Stattdessen muss der Mann sich bemühen, bevor er jedoch mit der Dame auszugehen gedenkt, hat er den Vater oder Bruder oder am besten alle männlichen Verwandten zu fragen. Und selbstverständlich zahlt er. 
Noch aus alten Zeiten besteht die Regel für Frauen und Mädchen, gegen 7 Uhr, allerspätestens aber um 9 zu Hause zu sein, denn einst wurden viele armenische Frauen von Türken entführt. Obwohl diese Gefahr schon lange gebannt ist, sollte man sich als Frau in der Nacht nicht ohne männliche Begleitung draußen aufhalten, mit Ausnahme der Hauptstadt vielleicht. Apropos männliche Begleitung: Ist ein Mann in einer Gruppe Frauen, auch wenn er sie nicht alle kennt, dann hat er stets einen Beschützerinstinkt und gibt auf sie alle Acht, besonders wenn sich fremde Männer der Gruppe nähern. Und zu guter letzt zu Beziehungen: Sich in der Öffentlichkeit oder gar zu Hause zu küssen oder sonst irgendwie Zuneigung oder überhaupt Zugehörigkeit zu zeigen ist verpönt und nicht üblich.
Nach diesem offiziellen Meeting besuchten Frederike und ich noch ein meet-up-Treffen. Dort können sich einfach alle Leute treffen, die Lust haben, Personen aus anderen Ländern oder aus der Heimat zu treffen, ein bisschen zu quatschen oder ein BR zusammen zu trinken. Das Treffen ist immer montags, beginnt um 19:00 Uhr und ist im Fort Sokolnickiego im Park Stefana Żeromskiego nahe der Metrostation Plac Wilsona. Also, herzlich willkommen!

Sonntag, 21.09.2014: Katholische Kuriositäten Teil 1

Nach so einer Party ist man immer etwas angeschlagen und so entschied ich mich aus Faulheitsgründen und wegen des reichhaltigen Angebots für die Messe um 15:00 Uhr, eine für Deutschland doch eher ungewöhnliche Zeit für eine Sonntags esse. Nichtsdestotrotz waren selbst alle Stehplätze belegt und mit 3 Ministranten waren mehr da, als in meiner Heimatstadt Jena um 8:00 Uhr. Ich weiß nicht genau, ob ein besonderes Fest war (eher nicht, denn man trug grün), aber zu Beginn der Messe ging der Pfarrer mit dem Weihwasserkessel herum und besprengte alle Leute. Er hatte aber keinesfalls ein mikriges Aspergil und auch keine "Klobürste" wie bei meinen Großeltern in Neustadt a. d. Orla, nein, er hatte einen kleinen Besen, ja, einen richtigen, kleinen, sehr ordentlichen Reisigbesen. Er ging durch die Reihen und besprengte natürlich das gläubige Volk mit Weihwasser, die ihm nahen Ministranten jedoch nicht. Diese berührten die Reisigenden mit der Hand und gekreuzigt sich so. Ich erfuhr von Ira, dass es auch in der Ukraine eher üblich ist, einen Besen statt eines Aspergils zu verwenden und wenn ich so drüber nach denke, ist unser Aspergil in Jena meistens auch reichlich ineffektiv.
Ich werde mehr Besonderheiten der polnischen Kirche sammeln und euch nach und nach berichten, denn ich finde es spannend, manchmal witzig und zum Teil skurril.


Dienstag, 23. September 2014

Samstag, 20.09.2014: Tag der offenen Tür & Schuman-Mafia-Party Teil 2

Am Samstag war Tag der offenen Tür in der deutschen und französischen Botschaft (die direkt nebeneinander sind, aber unterschiedliche Adressen haben) und Frederike und ich hatten beschlossen, dass wir als gute Deutsche in Polen doch mal dort vorbeischauen sollten. Außerdem kann es ja nie schaden, sich ein Netzwerk aufzubauen oder mal in das Büro eines Botschafters zu gucken. Wer also mal in Masowien, Podlachien, Lodz oder Lublin sein sollte und Beistand braucht: Die Botschaft liegt in der ul. Jazdów 12, 00-467 Warszawa.


Da wir nirgends Anfangs- und Endzeiten fanden, waren wir natürlich viel zu früh da, na gut, eine halbe Stunde etwa. In der Straße zwischen den Botschaften war eine Bühne aufgebaut, auf der die Eröffnung durch die Botschafter stattfand, welche dann noch zusammen ein französisches Lied mit neuem, polnischem Text sangen, und auf der die ganze Zeit danach verschiedene Bands und Sänger für eine anspruchsvolle musikalische Untermalung sorgten.

Mitte: Der deutsche Botschafter und seine Frau
 Rechts: Der französischer Botschafter (ein kleiner Sarkozy)

In der Botschaft gab es viele Stände von Organisationen, der DB, dem Militär usw. Man konnte einen deutsch-französischen Kinder-Europa-Pass beantragen und dann auf Stempel-Jagd gehen, aber dafür fühlten wir uns schon zu alt. Auf dem Hof stand ein Trabbi, man konnte ein Auto bemalen und ein großes Bild vom Mauerfall schmückte eine Wand. Eine Gruppe von DDR-Bürgern, die damals 1989 über die deutsche Botschschaft in Warschau in den Westen geflohen waren, berichteten von ihren Erlebnissen. Sie hatten ein kleines Quiz vorbereitet und so lernten wir, dass damals 6000 Menschen zum Teil wochenlang in der Botschaft auf ihre Ausreise warten mussten. Natürlich durfte für das leibliche Wohl auch die Bratwurst nicht fehlen. Wir besuchten außerdem eine Führung in die heiligen Hallen der Botschaft ... ja, doch, so als Botschafter lebt man ganz nett.

So wohnt der Botschafter

So arbeitet der Botschafter

Am Abend stieg dann Teil zwei der Schuman-Mafia-Party, die Gegeneinladung nach Kabaty. Wir machten typisch deutschen Kartoffelsalat mit Wienern und als Nachtisch echt französische Crêpes. Hm, lecker!
Für alle Deutschen, die sich jetzt eingestehen müssen, noch nie Kartoffelsalat gemacht zu haben, und alle Ausländer, die gerne mal rustikale Hausmannskost probieren wollen, sei hier das Rezept abgedruckt.

  1. Man nehme 3kg Kartoffeln (eher fest kochend), koche sie mit Schale, pelle sie danach und schneide sie wahlweise in Scheiben oder mundgerechte Stücke.
  2. Während des Knochens Schale man drei mittelgroße Zwiebeln und würfele sie ebenso wie 1,5 Gläser saure Gurken.
  3. Zwiebeln und Gurken vermenge man mit 5 EL Öl und ca. 600ml saurer Sahne, je nach Bedarf und Belieben. Außerdem gebe man ein paar Kräuter hinzu, wer keine frischen zur Hand hat nehme etwa 2 EL Fertigmischung. Mit Salz, 2 EL Zitronensaft und einer Prise Zucker ab schmecken.
  4. Man vermenge nun Kartoffeln und Soße, schmecke ein letztes Mal ab, wenn nötig, und serviere den Salat möglichst noch warm.
  5. Smacznego!

Wir hatten leider keine Chance, unseren Salat warm zu servieren, denn die Gocław-Mafia war etwas spät dran, dafür aber umso hübscher aufgemacht.


Basia beim Crêpe-Wenden

Suzi und Francesco beim Tanzen

Sonntag bis Freitag, 14. - 19.09.2014: Von Apfelkuchen und kleinen, grünen Pillen

Am Sonntag besuchte ich das erste Mal die sehr neue Kirche in unserem Wohnviertel, vielleicht 300m von unserer Wohnung, keine 5 Minuten zu Fuß. Unglaublicherweise gibt es hier 8 Sonntagsmessen, fast genauso viele Sonnabendsmessen und in der Woche auch eine Hand voll, jeden Tag. Und trotz dieser vielen Gottesdienste lief eine fröhliche Schar von etwa 15 Ministranten auf. Da merkt man, dass man in einer sehr katholischen Gegend angekommen ist, auch wenn ich in der Öffentlichkeit noch nicht so viel gelebten Katholizismus bemerkt habe.


Zur Mittagszeit kam dann Kasia, eine meiner Mentorinnen, auf einen Kaffe vorbei. Sie hat viele Jahre in ihrer Heimat als Deutschlehrerin gearbeitet und ist jetzt bei einer deutschen Firma und deshalb auch noch sehr neu in Warschau.
Der Montag war genau so unspektakulär. Im Kindergarten war die Hälfte der Kinder krank und überhaupt schien eine Welle der Erkältung durch Warschau zu fegen. Wir waren noch mal im Park, sammelten Kastanien, tollten im Laub und genossen die warme Sonne. Dann stempelten wir Apfelbilder. Wie? Ganz einfach: Apfel halbieren, in Farbe tauchen und auf ein Blatt Papier drücken. Ein Blatt, einen Stiel und ein bisschen Gehäuse dazumalen  fertig.
Und dann hatte mich meine Erkältung auch schon eiskalt überrumpelt. Des Morgens fühlte ich mich noch recht fit und ging auch mutig wie immer (in meiner Schulzeit bin ich mit jeder tollsten Erkältung in die Schule gegangen, ich war also abgehärtet) zu meiner Arbeitsstelle, aber meine Erzieherin entschied ganz autoritär, ich solle wieder heim gehen und mich auskurieren. Und so traf ich in unserer Wohnung noch Marek und Vaska an, die gerade Iryna vom Bus abgeheholt hatten. Iryna war erst so spät angereist, weil sie noch Probleme mit ihrem Visum gehabt hatte. Sie kommt aus der Ukraine und wegen der unsicheren Lage im östlichen Teil des Landes beantragen viele Bürger ein Visum "nur für den Fall", wodurch lange Wartezeiten entstehen.
Am Mittwoch ging ich noch mal in den Kindergarten. Wir buken Apfelkuchen oder, naja, eher eine Art Bratapfel. Die Kinder aus der blauen Gruppe kamen zu uns in die rosane Gruppe. Und dann wurde fleißig gebacken. Hier mein originales Kindergarten-Rezept:

  1. Man nehme einen Apfel, schneide am Stiel einen Deckel ab und grabe ein Loch in den Fruchtkörper, z.B. indem man das Gehäuse entfernt.
  2. Man nehme drei TL Zucker (oder Zucker nach Belieben) und fülle sie in das Loch. Außerdem 1-2 TL Zimt.
  3. Dann setze man den Deckel wieder auf und den ganzen Apfel auf ein Backbleck, schiebe alles in den Ofen (keine Ahnung, vielleicht so bei 180°C Umluft  das klappt immer) und lasse es für, sagen wir, 30-40 min backen. Am besten behält man alles im Auge, um den richtigen Moment für den richtigen Bratapfel abzupassen.
  4. Smacznego!

Donnerstag und Freitag blieb ich daheim und pumpte mich mit allerhand guten Medikamentchen aus Deutschland voll, um meine Erkältung auszukurieren. Nur einmal musste ich noch raus, denn am Donnerstag trafen wir uns in der Sprachschule, wo am 01. Oktober unsere Kurse beginnen werden, um einen Einstufungstest zu machen und uns anzumelden. Mit meinen paar Wochen selbsterlernten Kenntnissen schaffte ich es sogar auf Stufe A1.1 (und das ist bei 20 Abstufungen immerhin 2 Stufen über A0  totale Beginner).
Es ist bezeichnend, wie rührend sich alle um mich sorgten, auch wenn ich mich halbwegs gut fühlte und dies auch beteuerte. Wie oft mich Leute zum Arzt schicken wollten ... aber das wollte ich nicht, denn zum Einen hatte ich ja alle meine kleinen, grünen Pillen schon bei mir. Zum Anderen muss man bei "staatlichen" Ärzten sehr, sehr lange warten, bei privaten Ärzten aber selbst zahlen und obwohl wir eine Versicherung haben, die uns Freiwilligen im Krankheitsfall alles erstattet, war mir das mit Kopfschmerzen und einem dicken Kopf einfach zu stressig  einen Arzt zu suchen, ewig durch die Stadt zu gondeln, noch länger zu warten ... da lob ich mir manchmal doch das deutsche Gesundheitssystem.

Sonntag, 21. September 2014

Samstag, 13.09.2014: Schuman-Mafia-Party Teil 1

Dieser Samstag ist erwähnenswert und hat definitiv einen eigenen Eintrag verdient. Der Gocław-Flat hatte uns zur Kochparty eingeladen, es sollte placki ziemniaczane, also Kartoffelpuffer geben. Dass es Kartoffelpuffer sein würden, stellte sich dann tatsächlich erst beim erstellen heraus, aber ich war erpicht darauf, meine Kochkünste auf polnische Spezialitäten zu erweitern. Als fast alle eingetroffen waren (manche trafen noch ihre Mentoren oder hatten gerade eine künstlerische Phase, die zu unterbrechen sträflich gewesen wäre), begannen wir mit dem Schälen und Reiben der Kartoffeln. Vaska bereitete aus Walnüssen, Knoblauch und Wasser eine typisch ukrainische Soße und ein paar Rote Beten köchelten auf dem Herd vor sich hin und warteten darauf, zu einem kulturell gemixten Salat mit deutschem Rucola verarbeitet zu werden.

Martha und Suzanna beim Reiben der Kartoffeln

Cornelius und der Knoblauch (und natürlich Frederike)
 
Ich mach mich auch ganz gut mit Reibe und buraczki

Vaska und Frederike beim Braten



Elodie hatte außerdem aus Frankreich einen sehr guten Weißwein und wunderbar weichen Camembert mitgebracht (vom Präsidenten höchstpersönlich) und wir ließen es uns herzlich schmecken.

In Ermangelung ausreichend passender Gefäße
 mussten wir den Wein auch aus Biergläsern
 und Tassen trinken, was dem Geschmack jedoch
 keinen Abbruch gab.


Ja, nach diesem schön harmlosen, offiziellen Teil mussten wir natürlich in polnischer Manier auch dem Vodka ein bisschen zusprechen, wie das in mafiösen Kreisen auch durchaus üblich ist. Keine Angst, Schuman-Mafia würde es niemals über treiben. Und da sich einige nach den ersten paar Tagen ein "echtes" Tattoo hatten stechen lassen, entschieden wir uns vor dem Ausgehen, alle bei Tattoo-Meisterin Elodie ins Geschäft zu gehen.




Dienstag bis Freitag, 09. - 12.09.2014: Von Arbeitsroutinen und Gedenkstellen

Am Dienstag fand ich den Weg zum Kindergarten allein. Ich war viel zu zeitig da und half deshalb bei der Betreuung der Kinder vor um 9:00 Uhr. Alle Kinder, die eher gebracht werden (müssen), haben eine Art Frühhort. Hier sind auch Kinder von allen Gruppen zusammen. Sie können einfach spielen und Herumtollen. Um 9:00 Uhr beginnt dann das Frühstück. Es gibt kanapki, Schnitten, die jeden Tag verschieden belegt sind, mal mit Wurst, mit Käse, mit einer Art Fisch oder auch mit Marmelade oder nur Butter und Tomate. Dazu gibt es für manche Kinder Milchreis oder Grießbrei und für alle einen sehr süßen, kindgerechten Tee. Nach meinem ersten Probieren zog ich es dann doch vor, mir schwarzen Tee zu kochen … bzw. kochen zu lassen. Bis 10:00 haben die Kinder dann Zeit zu spielen. Je nachdem, wie lange sie zum Frühstücken brauchen, ist das länger oder kürzer. Um 10:00 Uhr beginnt dann der Unterricht. Wir schauen, wer alles da ist und begrüßen jeden. Dann gehen wir den immer gleichen Tagesablauf durch. Für die Kinder ist es wichtig, eine tägliche Routine zu haben. Jede Aktion des Tages hat eine bestimmte Handbewegung oder Geste, die die Kinder möglichst zeigen sollen, wenn wir den jeweiligen Punkt durchnehmen. Das klappt je nach Behinderungsgrad allein oder auch mit Hilfe. Danach lernen wir die Wochentage und Farben und schauen auch immer nach dem Wetter. Eine kleine Wetterkarte kann dann auf die große Wochentafel geklebt werden. Das können die Kinder auch selbst machen. Jede Woche gibt es auch ein Thema, zu dem gearbeitet wird. In jener Woche war das Thema Urlaub, weil es gerade die erste Woche nach den Ferien war (nun, die erste Woche, in der der „Unterricht“ anfing). Wir haben zum Beispiel ein Bild mit Kleber bestrichen und Sand bestreut und dann einen Himmel mit blauer Farbe dazu gemalt. Manche Bilder werden dann auch im Kindergarten ausgehangen.
Nach dem Unterricht haben die Kinder individuelle Therapien. Es gibt Einzeltherapie mit z.B. Sprachtherapeuten, aber auch Gruppentherapie. Ich habe bis jetzt bei der Gruppentherapie mitgeholfen, wo die Kinder bestimmte Dinge auf Kommando nachmachen sollen, z.B. sich ausstrecken, dann die Arme strecken, sich auf die Seite drehen, sich ein Säckchen auf den Kopf legen und so weiter. Wenn ich ein bisschen mehr über die verschiedenen Therapien herausgefunden habe, werde ich euch mehr darüber berichten.
Alle anderen Kinder können spielen, wir lesen ihnen Bücher vor oder spielen ein bisschen Musik. Wenn gutes Wetter ist, gehen wir auch mal in den Park, der direkt neben dem Kindergarten ist. Und die Kinder lieben das Laub und die Sonne, die auf der Wiese funkelt … das ist soo schön! Um 12:00 Uhr treffen sich dann alle in einer Gruppe,  immer abwechselnd in der grünen oder rosanen. Dann ist Musikunterricht. Es werden Kinderlieder abgespielt und jeder, der den Text kennt, singt lautstark mit. Die Kinder sollen zum Tanzen oder wenigsten „Schunkeln“ animiert werden. Manche tanzen wirklich gern, das ist unglaublich =) Danach gibt es um 12:30 Uhr Mittagessen, das im Kindergarten selbst gekocht wird. Es ist unglaublich frisch und lecker, ich esse auch im Kindergarten. Wir helfen also den Kindern, die Hilfe beim Essen brauchen, und füttern sie. Danach werden manche schon abgeholt, die anderen machen bis um 2 Mittagsschlaf. In dieser Zeit haben die Erzieherinnen und wir Freiwilligen ein bisschen Freizeit. Ich esse meistens in dieser Freizeit, weil ich dann mehr Ruhe habe. Außerdem bietet sich die Zeit gut zum Polnischlernen an. Um 2 gibt es dann eine Art Kaffeetrinken mit Apfelmus oder Fruchtgelee oder etwas in der Art. Bis 15:00 Uhr haben die Kinder dann noch mal Zeit zum Spielen und dann werden sie auch langsam abgeholt. 
Am diesem Dienstag war das Wetter sehr sonnig und warm und ich entschied mich, das Denkmal des unbekannten Soldaten zu besuchen. Es ist am Eingang des Sächsischen Gartens. Zwei Soldaten der Polnischen Armee halten hier eine ständige Mahnwache und es brennt auch ein Feuer. Auf den Tafeln an der Wand stehen die Orte von Schlachten oder Kämpfen und deren Datum. Als ich dort kurz vor 16:00 eintraf, war gerade Wachwechsel. 



Die Inschrift der Gedenktafel lautet: Tu leży żołnierz polski poległy za ojczyznę.
(Hier liegt der für das Vaterland gefallene, polnische Soldat.)

Ich besuchte an jenem Tag noch drei Kirchen. Aber die werde ich euch ein ander mal vorstellen, wenn hier ein bisschen Ruhe eingekehrt ist und nicht jeden Tag etwas unglaublich aufregendes passiert. Dann stelle ich euch all die schönen Hauptkirchen hier vor, denn, bedenkt, in Polen ist jede Kirche Hauptkirche!
Auf meinem Heimweg hatte ich meine erste Begegnung der etwas anderen Art. Ich wartete ganz gemütlich an einer Ampel, als mich jemand fragte "Excuse me, do you speak English?" Na klar sprach ich Englisch und da der nette Herr in die gleiche Richtung wollte wie ich, nahm ich ihn einfach mit. Wir kamen ins Gespräch. Er war auf einer Tagung an der Universität, hatte sich ein bisschen die Stadt angeschaut und wollte nun zurück zum Festbankett. Er kam aus Paraguay und war studierter Computerlinguist. So mancher Leser wird jetzt wissen, dass ich da an ihn gedacht habe ...

Springbrunnen im Sächsischen Garten

Im Kindergarten bekam ich langsam eine Routine rein und so spare ich mir das Erzählen des immer gleichen Tagesablaufes und berichte mehr, wenn neue Dinge hinzukommen. Ja, ihr hört schon, der "immer gleiche Tagesablauf". Es war erstaunlich, wie schnell ich auf die Frage "Wie war's im Kindergarten?" zu antworten begann: So wie immer.
Der Mittwoch verlief also recht unspektakulär, außer dass der für den Abend angekündigte "Internetman" (absichtlich nur mit einem "m", in Anspielung an die Superhelden des Alltags) nicht kam.


Am Freitag verlies ich nach einer schönen und guten ersten Woche gegen 15:00 Uhr den Kindergarten gen Wochenende. Ich fühlte mich wohl und willkommen dort, hatte die Kinder schon lieb gewonnen und war gespannt auf die nächsten, gemeinsamen Monate. Wir setzen unsere erste Wäsche an, was wir dank englischsprachiger Waschmaschinenanleitung auch ganz gut hinbekamen. Am Abend trafen wir uns dann alle zusammen in der Stadt mit Vaskas Mentorinnen, die beide in Warschau studieren oder arbeiten und uns viele gute Tipps geben konnten. Außerdem war dieser Pub supergemütlich ... wenn auch sehr leer ... nun ja, viele saßen bei dem guten Wetter natürlich draußen, aber große Gruppen brauchen eben viel Platz.

Montag, 08.09.2014: Mein erster Arbeitstag

Montag, mein erster Arbeitstag. Ich hatte mich mit Kasia aus meinem Kindergarten an der Metrostation Wilanowska verabredet und zusammen gingen wir zum Kindergarten. Mein Einstieg war nicht ganz leicht, denn ich wusste anfangs nicht recht, was meine Aufgaben sind und wie ich helfen kann. Also versuchte ich mich so gut es ging der täglichen Routine anzupassen. Ich half beim Füttern der Kinder, denn die meisten können nicht ohne Hilfe essen, ich ging mit den Kindern in den Park und unterstützte sie bei ihrem Musikunterricht. Außerdem durfte ich schon mal in die individuelle Therapie hereinschnuppern. Und das fand ich wirklich spannend. Und schön, einfach schön. Ich hoffe, ich kann oft bei der Therapie dabei sein.
An diesem Montag musste ich den Kindergarten etwas eher verlassen als sonst. Normalerweise arbeite ich von 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr, aber wir wollten uns schon 15:00 Uhr in der Foundation treffen, um über unsere ersten Eindrücke zu sprechen und die allerletzten Organisationssachen zu besprechen. Ich traf Cornelius auf dem Weg und fragte ihn nach seinem Tag und da stellte sich heraus, dass Elodie und Frederike gar nicht im Kindergarten gewesen waren. Die drei arbeiten zusammen im Kindergarten 213 für autistische Kinder und hatten sich am Montag erst gegen 12 getroffen, um ein paar Sachen abzusprechen. Ich hatte also unsere Wohnung als erstes verlassen und da beide noch schliefen die Wohnungstür abgeschlossen, auf dass sie nicht geklaut würden. Das Problem war … die beiden kamen nicht raus. Die Bolzen des Schlosses waren zu tief in die Tür eingefahren und nun ließen sie sich von innen nicht öffnen. Als auch alle Ölungsversuche scheiterten, konnte nur noch die Besitzerin der Wohnung helfen. Was lernen wir daraus – die Tür nicht zu fest abschließen. Paranoia hat noch keinem genützt.

Sonntag, 07.09.2014: Chopin & Co.

Für den sonntäglichen Morgen hatten wir uns mit Maja zum Chopin-Konzert im Łazienki-Park verabredet. Wir chillten uns vor dem Chopin-Denkmal und einem kleinen, künstlichen Teich auf den Rasen und genossen die sengende Sonne und die sanften Klaviertöne. In der Nähe gab es einen kleinen Markt mit allerhand Gemüse, eingelegten Oliven, handgefertigten Püppchen und dergleichen und eine kleine Gruppe inszenierte fernsehreifes Gruppenkochen, während Massen auf einer weiter entfernten Wiese zusammen Yoga probierten.



Da am Sonntag die meisten Museen in Warschau frei sind, entschlossen Frederike, Martha und ich uns, das Warschauer Königsschloss in der Altstadt zu besichtigen. Jahrhundertelang war es der Sitz der polnischen Könige, heute ist es UNESCO-Weltkulturerbe, nachdem es im II. Weltkrieg zerstört wurden war. Im Innenhof ist eine Ausstellung über „Fighting Poland“ – es werden viele Einzelschicksale kurz erzählt, viele Portraits von Menschen gegeben. Nachdem man sich dann seine kostenlose Eintrittskarte abgeholt hat (Wozu man die bloß braucht? – Wollen die zählen, wie viele Besucher sie sonntags haben?), kann das Schloss betreten und gelangt über mit blau-gelben Teppichen ausgelegten Treppen zur Ausstellung. Die ersten Räume sind Arbeits- und Wohnräume der Königsfamilien gewesen, sie sind sehr prunkvoll, haben wunderschöne Bodenmuster und dezent vergoldete Decken, mit vielen Spiegeln, Bildern und Ornamenten. In gefühlt jedem zweiten Raum steht ein Thron (okay, vielleicht waren es nur 3 oder 4, aber wozu braucht man 3 oder 4 Throne?).



Ach, ich wusste, dass die
Polen damals schon Tablets hatten ...

Am Abend machte ich mich dann auf den Weg zu meiner Messe. Da ich gerade in der Stadt war, hatte ich mich für die Heilig-Kreuz-Kirche entschieden. Im 17. Jahrhundert war sie die größte Barockkirche Warschaus. Vor dem Eingang springt einem sofort eine sehr große Christusfigur ins Auge, die das Kreuz trägt und mit dem Finger entlang des Weges weist. In die Pfeiler der Kirche ist unter anderem das Herz von Fryderyk Chopin eingemauert. Die dreischiffige Kirche hat auf der rechten Seite neben dem Eingang eine kleine Nische mit Gedenktafeln für den II. Weltkrieg von verschiedenen Stiftern. Die andere Seitennische schmückt ein überlebensgroßer Papst Johannes Paul II., dessen Oberkörper in einer segnenden Haltung dreidimensional aus der Wand ragt.


Man beachte die Taube als Symbol
des Heiligen Geistes über dem Taufbecken.


Hier in Polen ist jede Kirche Hauptkirche und wirklich jede Kirche hat auch mindestens 10 Messen am Sonntag. Ich hatte mich informiert, dass es um 18:00 Uhr eine heilige Messe in Heilig-Kreuz geben sollte, doch nicht mal im katholischen Polen ist auf die Aushänge verlass. Stattdessen begann um 18:00 eine Art Vesper. Nun gut, ich blieb für die Vesper und wurde sogar dafür belohnt, denn das letzte Lied, das wir sangen, hatte die Melodie wie das in Deutschland sehr beliebte Lied „Lobe den Herren“. Liederbücher gibt es hier übrigens nirgends. Dafür hängen in den Kirchen immer große Digitaltafeln, auf denen der Liedtext, nicht immer ganz synchron, eingeblendet wird.