Freitag, 26. Dezember 2014

24.12.2014: Heiligabend in Polen

Weihnachten ist in Polen das Fest der Familie und überhaupt das wichtigste Fest schlechthin. Man feiert am 24. Dezember in seiner Familie den Heiligen Abend mit einem großen Festessen, Wigilia genannt, und besucht an den Weihnachtsfeiertagen all seine Verwandten.
Die Vorbereitungen für Weihnachten beginnen etwa Anfang Dezember, wenn die polnischen Lebkuchen, pierniczki, gebacken werden, die mindestens 3 Wochen lagern und durchziehen müssen. Kurz vor Weihnachten werden die Plätzchen dann verziert, die Polen sagen „bemalt“ und als ich die Ehre hatte, in Teresas Familie Pierniczki mit zu bemalen, habe ich auch verstanden, warum: weil es eine große Kunst ist. Es gibt Zuckerguss in verschiedenen Farben, Schokoglasur, bunte Streusel, Schokoplätzchen, Kokos, Rosinen … alles, was das Künstlerherz begehrt. Wir haben sage und schreibe 3h für so ein paar läppische Plätzchen gebraucht und wir waren immerhin zur besten Zeit 6 Leute. 


Da jede Familie natürlich ihr eigenes, streng gehütetes Traditionsrezept besitzt, werde ich hier mal das von meiner Sprachschullehrerin veröffentlichen:

Man schmelze 250g Honig und 250g Margarine, gebe dem Gemisch 5 Eier und 250g Zucker und vermische alles. 1kg Mehl mit 25g Kakao, ½ EL Ingwerpulver, 1 EL Zimt, 1 EL gemahlenen Nelken und 1 Pck. Backpulver verrühren und nach und nach mit den Nasszutaten zu einem geschmeidigen Teig verkneten. Den Teig für mind. 24h im Kühlschrank ruhen lassen. Den Teig ausrollen, Figuren ausstechen und bei 180°C 11-13min backen. Wenn die Lebkuchen ganz ausgehärtet sind, kann man sie verzieren.

Am Morgen des 24. wird der Tannenbaum, choinka, geschmückt. In Polen ist es beliebt und verbreitet, viel Lametta, verschieden große, farbige und bemalte Kugeln, Figuren und bunte Lichterketten an den Baum zu hängen. Für mich persönlich sahen die meisten Bäume einfach nur kitschig überladen und überhaupt kein bisschen ästhetisch abgestimmt aus, dafür sind viele Schmuckstücke Geschenke oder selbstgebastelte Sachen und somit reiche Erinnerungen. Im Kindergarten hat Iryna die Bäume geschmückt (ich war zu der Zeit gerade in Zagnańsk) und sie sahen wirklich schön aus.


Nach der Tradition beginnt man das Festessen, sobald der erste Stern am Himmel aufgegangen ist. Weil einem dabei das Wetter aber wie in diesem Jahr einen Strich durch die Rechnung machen kann, haben viele Familien einfach eine feste Uhrzeit, zu der sie sich treffen und dann mit dem Mahl beginnen, etwa zwischen 5 und 6 Uhr. Traditionell gibt es 12 Gänge, die an die 12 Apostel erinnern. Da der Heilige Abend noch zur Fastenzeit gehört, sind alle Gerichte fleischlos und es wird auch (in der Regel) kein Alkohol gereicht. Zu einem Gläschen selbstgemachten Pfirsischschnaps kann aber doch niemand Nein sagen …
Zu den traditionellen Gerichten gehören Roter Barszcz mit kleinen Pierogi, Pierogi mit Kraut und Pilzfüllung, Karpfen oder Hering, Kraut mit Nüssen oder Pilzen, Kutia (Kasza mit Nüssen und Honig, eine Art süßes Dessert), Makowiec (ein Mohnstrudel), Szarlotka (Apfelkuchen), Kompot (ein Getränk aus gekochten Früchten), Rotkraut oder Rote-Bete-Salat, Gemüse- oder Fischsalate. Auf der Festtafel wird stets ein Teller zu viel gedeckt, falls ein unerwarteter Gast ankommt. Außerdem liegt ein bisschen Stroh unter der Tischdecke, was daran erinnert, dass Jesus in der Krippe auf Stroh gelegen hat. In einigen Regionen gibt es die Tradition, dass man einen Halm aus dem Stroh zieht und wenn er noch grün ist, verspricht das eine große Liebe und baldige Heirat, bei einem dunklen Halm genau das Gegenteil. Unter die Teller legt man ein paar kleine Münzen als Symbol, dass man von seinem Reichtum abgibt und außerdem, um seine Verwandten im kommenden Jahr vor Armut zu bewahren.
Vor dem Mahl wird traditionell die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel vorgelesen und gebetet, ich muss allerdings gestehen, dass ich von niemandem gehört habe, dass er das macht. Diese Tradition wird ist also entweder sehr alt und gerade am Aussterben oder sie wird nur noch in sehr streng katholischen Familien praktiziert. Dann bricht man gemeinsam weiße, mit Heiligenbildchen bedruckte Oblaten. Jedes Familienmitglied nimmt ein Stück, man wünscht sich Glück und Erfolg für das kommende Jahr und bricht dabei von der Oblate des anderen ein Stückchen ab, welches man auch essen muss. Zu Weihnachten werden auch Haustiere wie vollwertige Familienmitglieder angesehen und man bricht auch mit ihnen die Oblaten, allerdings sollten sie bunt sein. Dann sollen die Tiere um Mitternacht anfangen zu sprechen. Meine Freundin Teresa wartet allerdings schon 14 Jahre darauf, dass ihr Hund anfängt zu sprechen. Vielleicht ist sie einfach immer nur schon in der Christnacht, wenn er anfängt, denn um Mitternacht gehen alle, auch die, die sonst das Jahr über keine häufigen Kirchgänger sind, gemeinsam in die Hirtenmesse, pasterka genannt.
Aber vorher wird die Zeit bis zum Gottesdienst mit dem Singen von Weihnachtsliedern, kolędy, und dem Auspacken der Geschenke verbracht, welche je nach Region traditionsgemäß der Nikolaus, der Abendstern, ein Engel oder eine Art Christkind wie in Deutschland bring. Die Messe, die wir gemeinsam besuchten, war sehr voll, Menschen standen bis nach draußen, aber sie war nicht besonders gestaltet. Auffällig war, dass die Messe wie zu Ostern im Dunkeln begann und erst beim Gloria unter heftigem Schellengeläut das Licht angeknipst wurde.

Sonntag bis Dienstag, 21. - 23.12.2014: Ein Besuch in Wrocław

Den Beginn meiner Ferien und das anhaltend warme Wetter hatte ich genutzt, um ein paar Freunde in Breslau zu besuchen, die ich von der IGW kannte und außerdem dem als besonders schön gelobten Weihnachtsmarkt dort einen Besuch abzustatten. Nachdem ich meinen ersten Ritt per Polskibus hinter mir hatte, holte mich meine Freundin Teresa vom Busbahnhof ab und wir begannen unseren Spaziergang durch die Stadt, immer auf der Suche nach den kleinen Breslauer Zwergen, von denen es heute schon über 200 in der ganze Stadt verteilt gibt. Den Anfang initiierte in den 80er Jahren die Oppositionsbewegung "Orange Alternative", indem sie bei einer Demo einen gusseisernen Zwerg auf dem Marktplatz aufstellten. Die modernen Zwerge, die alle im neuen Jahrtausend entworfen wurden, sind alle aus Bronze gegossen. Mein erster Zwerg war Chodziarz, der Geher, der mit 1½ Gehstöcken bewaffnet ist. Wir fanden tatsächlich auch einen Zwerg, der ordentlich Müll trennte, was ich bis jetzt in Polen noch nicht so oft gesehen habe, und trafen den kleinen Florianek, einen Schornsteinfeger. Ein Glück, dass wir beiden einen Knopf an der Hose hatten, denn wenn man einen Schornsteinfeger sieht, soll man einen Knopf anfassen um Glück zu haben.

Chodziarz

Florianek

Der Weihnachtsmarkt machte auch einiges her, obwohl der Geruch nicht so intensiv war wie auf deutschen Weihnachtsmärkten und die beständigen +10°C kein Verlangen nach warmen Glühwein erweckten. In den vielen, kleinen Hütten konnte man Andenken, Schmuck, Taschen, typische Käse und Würstchen, aber auch gebrannte Nüsse, Lagos oder Bratwurst essen. Auch die Fahrgeschäfte und ein kleiner Märchenwald vor dem Rathaus durften natürlich nicht fehlen.
Und schon spazierten wir weiter durch die viertgrößte Stadt Polens mit etwa 650.000 Einwohnern, die zwischen vielen Kanälen und Flussnebenarmen der Oder quasi auf 12 Inseln gebaut ist und deshalb gern auch als Venedig Polens bezeichnet wird. Breslau ist die Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien und neben Krakau einer der stärksten Magneten für ausländische Studenten.

Weihnachtsmarkt vor dem historischen Rathaus

Das typisch polnisch' Weib ...

Kreuzkirche und Breslauer Dom

Gegen 4 Uhr lud mich Teresas Familie zum Abendbrot ein (manche Familie essen nicht zu Mittag (obiad) und zu Abend (kolacja), sondern eine zusammengelegte Mahlzeit, die sich obiadokolacja nennt) und ich hatte mal wieder Gelegenheit meine Polnischkenntnisse zu erproben. Ihr Vater kannte sogar meine Heimatstadt Jena und sogleich schleppte er einen Haufen alter Kameras mit Zeiss-Optik an, um sie mir zu zeigen.
Am Montag traf ich mich mit einer anderen Freundin und ging dann noch mal zu Teresa um pierniczki zu verzieren. Das war nicht nur ein großer Spaß, sondern auch eine ernst zu nehmende, künstlerische Herausforderung. Hier noch ein paar Impressionen:

Ich, mein Zwerg und meine neuen Schuhe




Am Hauptbahnhof wachte einer über meine Abreise

Donnerstag, 25. Dezember 2014

Montag bis Freitag, 15. - 19.12.2014: Auch im Kindergarten steht Weihnachten vor der Tür

Diese letzte Woche vor Weihnachten war sehr voll, aber dadurch endlich einmal erfüllend. Wir hatten keinen Tag der Woche Zeit für die tägliche Unterrichtsstunde, weil wir mit den Kindern pierniczki buken und für unser "Krippenspiel" proben mussten, ja, manchmal fiel sogar der Mittagsschlaf aus! 
Jedes Jahr zu Weihnachten bereitet eine Gruppe ein kleines Theaterstück vor, meistens sind es die ältesten Kinder, die im nächsten Jahr in die Schule kommen, um sie darauf vorzubereiten, dass die in der Schule später auch einmal solche Dinge spielen müssen. Dieses Jahr hatten wir fünf Weihnachtslieder. Zum passenden Lied zogen wir mit einem "Schlitten" ein mit Pferd und Kutscher Piotr an der Spitze. Danach versammelten wir uns in der Mitte um unseren kleinen Weihnachtsbaum und sangen ein Lied über ihn, während die Kinder Gesten zeigten, z.B. Stern (gwiazdeczka) oder Weihnachtsbaum (chionka). Und schon brachen wir wieder auf und folgten dem Stern. Malina hatte einen großen Stern und führte die Gruppe immer im Kreis, zum Refrain tanzten wir immer in die Mitte. Schnell bekamen die Mädchen nun Engelsflügel angezogen, denn im nächsten Lied singen die Engelchen Weihnachtslieder (also, ein Weihnachtslied über Weihnachtslieder ^^). Als letztes wurde aus dem Kutscher Piotrek der Hirte Piotrek, um den sich alle Engelchen versammelten und die ihm Schuhe gaben, weil seine Füße kalt sind, und die ihn aufforderten, nach Bethlehem zu gehen und für Jesus auf der Flöte zu spielen.
Am Mittwoch kamen die Eltern und auch manche Großeltern, um sich unser Schauspiel anzusehen und alle waren sehr begeistert und vor allen Dingen hatte es auch den Kindern Spaß gemacht, sich zu verkleiden, etwas zu präsentieren, sie waren stolz und es weinte und schrie ausnahmsweise mal niemand. Hinterher waren alle zu einer kleinen Wigilia eingeladen, es gab Lebkuchen, Piernik und Sernik (Käsekuchen) und  eine Art Puffreisbällchen. Viele Eltern hatten für oder mit ihren Kindern Weihnachtskarten oder Gestecke und Anhänger gebastelt und man konnte alles in einer kleinen Ausstellung bewundern. 
Am Donnerstag bekamen wir gleich noch einmal Besuch und zwar von Dr. Clown. Ich hatte schon mal angesprochen, dass es verschiedene Projekte und Koorperationen mit Theatern und eben auch mit Dr. Clown gibt. Ein Clown und ein dicker, pelziger, blauer Bär kamen zu uns, sagten jedem Kind Hallo und verteilten dann bunte Wachsmalstifte. Mein intelligentes Kind Natalia hatte aber Angst vor dem Bären und versteckte sich hinter mir und selbst ich ihr anbot, wir könnten dem Bären gemeinsam die Hand geben oder zumindest mal seinen Fuß anzufassen, nickte sie zwar, gab mir aber partout nicht ihre Hand. 
Am Freitag war dann mein letzter Tag vor den großen Ferien. Der Kindergarten hat zwar die ganze Zeit geöffnet, aber es sind nicht viele Kinder da und deshalb hat uns unsere Direktorin als Geschenk zusätzlich freigegeben, weil unsere Hilfe nicht benötigt wird. Wir führten unser Spektakel noch einmal für alle anderen Kinder und Erzieher auf und dann gab es erneut eine kleine Wigilia mit Kuchen und Heringshäppchen, außerdem brachen wir Oblaten, eine polnische Weihnachtstradition. Wir Freiwilligen bekamen auch ein kleines Geschenk von unserem Kindergarten, nämlich einen Teddybären, aber nicht irgendeinen, nein, wenn man bei dieser Firma einkauft, wird ein Teil des Geldes für behinderte Kinder gespendet.

Freitag bis Mittwoch, 05. - 10.12.2014: Von Krakau bis Zagnańsk – Vom Leben auf dem Dorf

Vaska und ich begannen unsere große Reise mit einer spannenden Tram-Fahrt an ein bisher unbekanntes Ende unserer Stadt, wo unsere Mitfahrgelegenheit schon auf uns wartete. Der gesprächige Anwalt, der jede Woche zwischen Krakau und Warschau pendelte, brachte uns schnell und sicher sogar bis zu der Straße, in welcher wir übernachten wollten. Wir mussten also nur noch diese  Straße entlang laufen, aber das dafür eine ganze Weile und es war sehr kalt – nun, eigentlich nicht viel kälter als in Deutschland im Winter, nur etwa um den Nullpunkt, aber die Luft hier ist sehr feucht und so zieht die Kälte unter die Haut und beißt sich dort fest. Weil am 05. Dezember der Internationale Freiwilligentag ist, mussten wir diesen natürlich gebührlich feiern gehen und so brachen wir nach einem kleinen Pierogi-Abendessen in die "weit entfernte" Innenstadt auf. Ach, wenn man in Warschau wohnt, dann ist es nicht weit, wenn man 20min in die Innenstadt braucht, ich brauch ja allein schon eine gute halbe Stunde auf Arbeit und meine Arbeit liegt gerade mal mittig zwischen Wohnung und Innenstadt. Vor dem Christmarkt aßen wir typisch Krakauer, heiße Kiełbasa, trafen unerwartet ein paar Mentoren der Krakauer Volunteer-Gruppe und suchten dann die billigste Bar Polens (die es in jeder größeren Stadt gibt, überall die gleichen Preise hat und auch noch überall gleich aussieht), Pijalnia, auf. Unseren Nachtbus verpassten wir um 2min und mussten so gezwungenermaßen 1h Zeit totschlagen.


Weihnachtsmarkt vor den Tuchhallen auf dem Hauptmarkt


Am nächsten Morgen sollte der Hauseigentümer der Wohnung mit einem neuen Mitbewohner kommen und so standen Vaska und ich schon zeitig auf und beehrten den neu eröffneten Biedronka-Shop mit unserer Anwesenheit. Die vielen Eröffnungsrabatte lockten eine Vielzahl Menschen an und so mussten wir regelrecht um einen Einkaufskorb kämpfen. Wie wir so 1,5h verbracht hatten, wagten wir uns mal über den Fortlauf in unserer Wohnung zu Erkundigen und mussten erfahren, dass das Treffen nicht etwa schon beendet war, sondern noch nicht einmal angefangen hatte. Also packten wir unsere pączki ein und machten uns auf eigene Faust auf den Weg in die Innenstadt, wo wir den Weihnachtsmarkt besuchten, geräucherten Käse mit Preiselbeermarmelade verkosteten und schließlich auf einer Free guided Tour auf Cornelius trafen, der zufällig zur gleichen Zeit einen Freund in Krakau besuchte. Natürlich durften wir auch die beste Zapiekanka Krakaus nicht verpassen, bevor wir uns eine kleine Ruhe gönnten.



Marien-Kirche



Wawel

Hier wurde u.a. Szenen für den Film "Schindlers Liste" gedreht

Am Sonntag brachen wir schließlich wieder gen Norden zuerst nach Kielce auf, was etwa mittig zwischen Krakau und Warschau liegt. Von dort aus ging es zu dem Ort, in dem wir unsere nächsten Präsentationen haben sollten – Zagnańsk. Die Englischlehrerin Dorota, die quasi alles für uns organisiert hatte, holte uns von der Bushaltestelle ab und verteilte uns auf unsere Wohnungen. Ich wohnte bei Urszula, deren Tochter Luisa auch auf die Schule ging, wo wir unsere Präsentationen hielten. Bei der Ankunft wurden gleich noch zu einer Runde Singstar eingeladen und obwohl wir die polnischen Lieder nicht kannten und für die englischsprachigen anscheinend schon zu alt waren (und diese deshalb auch nicht kannten), schlugen wir uns ganz gut. Hier in dieser Familie durfte ich die polnische Dorfgastfreundschaft erfahren, so wurden mir tatsächlich Hausschuhe angeboten – das hatte ich zwar gelesen, aber in der Stadt hatte das noch nie jemand gemacht – aber nicht nur Hausschuhe, sondern auch Handtücher und wenn ich keinen Schlafanzug gehabt hätte, hätte ich bestimmt auch noch einen abstauben können. Außerdem bot mir Urszula an, eine Wäsche für mich anzusetzen, falls ich etwas gewaschen bräuchte.
Am nächsten Morgen fuhren wir mit Dorota in die Schule, durften erst einmal frühstücken und wurden dann durch die Kindergartengruppen geführt. Die Kinder zeigten uns, wie gut sie schon Farben auf Englisch konnten, sangen für uns oder tanzten mit uns. Sie waren sehr neugierig und die kleine Marisia umarmte uns die ganze Zeit. In der Schule gibt es 6 Kindergartengruppen, eine Grundschule von der 1. bis zur 6. Klasse und das Gymnasium, welches auch noch einmal 3 Jahrgänge umfasst. Dann besuchten wir den Englischunterricht in einer 4ten Klasse. Der Klassenraum war überraschend modern eingerichtet, an jedem Platz gab es ein sehr gutes Headset und Dorota machte auch gut Gebrauch davon.



Achtung, Achtung, hier spricht ihr Pilot ...

Ja, was soll ich groß von den Präsentationen erzählen: Die erste an diesem Tag war schrecklich und das nicht nur, weil wir ab der Hälfte der Stunde nur noch die Mädels und vorher nicht genug Zeit zum Vorbereiten des Raumes hatten (denn ganz so organisiert war eben doch nicht alles), sondern auch, weil diese 3te Klasse Gymnasium unglaublich unmotiviert war, nicht so gut Englisch sprach und uns leider auf Flur Polnisch hatte sprechen hören. Dafür war die zweite Präsentation am nächsten Tag optimal, genau so, wie wir sie uns vorgestellt hatten und die Zweitklässler (Gymnasium) hatten viel Spaß. 


Das nenn' ich mal polnisch-russische Freundschaft ... ;)


Am Abend führten uns Luisa und ihre Freundin Weronika in Gruszka herum, wo es eine schön ausgemalte Kirche gibt und die ältesten Tetrapodenspuren der Welt. Vor fast 400 Mio. Jahren verließ hier der Tetrapod Ichthyostega das Wasser, um an Land zu leben. Seine Spuren sind versteinert und am Felshang zu sehen (auch wenn wir wegen der sehr schnell einbrechenden Dunkelheit einige Mühe hatten, etwas zu finden, was im entferntesten wie Flossenspuren aussah. Am Dienstag besuchten wir die Attraktion von Zagnańsk, den alten Eichenbaum Bartek. Verschiedene Legenden ranken sich um den Baum, z.B. dass ein König einen Schatz unter seinen Wurzeln versteckt hätte. Auf jeden Fall ist die größte Eiche in Polen und mit etwa 1000 Jahren auch die älteste.

Das könnten Spuren sein. Die rote Linie kennzeichnet ihren Verlauf.

Dąb Bartek

Am Mittwoch nahmen wir uns nach unserer letzten Präsentation über den Fall der Berliner Mauer noch ein wenig Zeit, um uns Kielce anzuschauen und überraschenderweise war es sogar eine hübsche, interessante Stadt. Gotha ist übrigens eine der Partnerstädte. Hier ein paar Impressionen:


Jan Karski, polnischer Offizier und Zeitzeuge des Holocaust

Bernhadinerkloster

Stadtpark


Naturreservat Kadzielna


Donnerstag, 11. Dezember 2014

Mittwoch bis Freitag, 03. - 05.12.2014: Von Weltkriegen, Stollen und dem Nikolaus

Es wird langsam kalt hier in Polen. Der Tiefstwert lag schon mal bei -8°C, aber im Moment ist das Thermometer wieder auf knapp unter den Nullpunkt geklettert. Und wie ich letztens von meiner "ganz normalen Arbeitswoche" berichtet habe, ging es diese Woche gleich damit weiter und ein Event jagte den nächsten. Nachdem wir uns bestimmt 10x in der Foundation zur Vorbereitung getroffen hatten, fand am Mittwoch unsere erste Präsentation über den Ersten Weltkrieg statt. Elodie, Cornelius und ich fuhren in einen für uns sehr neuen Stadtteil, Bemowo, um in der zweiten Klasse eines Gymnasiums (was unserer 8ten Klasse entspricht) einen interaktiven Workshop durchzuführen. Wir wurden herzlich begrüßt und dann erst einmal zum Essen und auf eine Schulerkundungstour geschickt. Zwei Mädels führten uns herum und erzählten uns zum Beispiel, dass sie besser Französisch als Englisch konnten, weil sie etwa 8h pro Woche Französisch hatten, aber nur 2-3h Englisch. Schließlich durften wir tatsächlich 10min vor Unterrichtsbeginn den Raum betreten und uns vorbereiten, was etwas knapp bemessen war, wenn man bedenkt, dass wir Technik aufzubauen hatten, zumindest eine grobe Europakarte auf den Boden malen und für die Bewegungen im Spiel ein Gefühl für die Raummaße bekommen wollten. Die Vergabe der Länderzugehörigkeiten gestaltete sich dementsprechend auch etwas schwierig, zumal viel weniger Schüler da waren als erwartet - anstatt der versprochenen 25 beehrten uns gerade mal 18 Schüler plus die beiden Mädels aus der dritten Klasse.
Unser Spiel sollte also wie folgt aussehen: Jeder Schüler verkörpert eine Nation, die es vor dem Ersten Weltkrieg in Europa gab, große Nationen werden u.U. auch von mehreren Schülern vertreten. Jeder Schüler halt sich auf unserer interaktiven Landkarte dort auf, wo sich sein Land befindet. Dann erzählen wir den Schulen, wie es zum Krieg kam und was während des Krieges passiert ist. Und damit es nicht so langweilig ist, dürfen die Schüler alles spielen, war ihr Land macht, also zum Beispiel Aggressionen oder Bündnisse zeigen, Verträge unterschreiben oder in fremde Länder einmarschieren. Und dann fragen wir sie einfache Frauen, d.h. Fragen, bei denen man nicht viel falsch machen kann, denn in der 8ten hat hier in Polen noch kein Schüler etwas über den Ersten Weltkrieg gehört und pubertierende Kinder sollte man auf keinen Fall nötigen sich u.U. zu blamieren.

Krieg ...

... und Frieden!

Wir hatten keine Ahnung, ob die Schüler mitmachen würden und waren dann doch ganz froh, dass die, denen es gefiel, die anderen motivierten, dass sie sich gegenseitig bei Verständnisproblemen halfen und schließlich doch alle mehr oder minder involviert waren. Aufgrund der geringen Schülerzahl ließen wir einige Teile aus und hatten am Ende trotzdem Zeitnot, weil uns anstatt der angepriesenen 60min nur eine normale 45min-Stunde zur Verfügung stand. Nichtsdestotrotz ein gelungener, wenn auch nicht perfekter Workshop, der mir der Überarbeitung unseres Konzeptes für die kommende Woche half.
Am Donnerstag stand ein weiterer Höhepunkt meines Kindergartenalltags auf dem Programm. Unsere Direktorin hatte uns Freiwillige gebeten, etwas typisches aus unseren Ländern zu backen oder zu kochen und weil ja gerade Adventszeit ist, entschloss ich mich Stollen zu backen. Ich über setzte also meine Zutatenliste für die Küche ins Polnische und schlug ein paar Backverben nach ... mischen, kneten, verflüssigen, backen ... was man eben so braucht. Weil wir alle mal die Küche benötigten und in de Küche gleichzeitig noch das ganz normale Mittagessen gekocht wurde, cancelten wir die Unterrichtsstunde und fingen gleich mit dem Backen an. Wie immer durften die Kinder dabei helfen, al etwa gemeinsam Rosinen zugeben oder mit jemandem zusammen den Mixer bedienen. Den schwerer mental behimderten Kindern ist das meistens egal, aber unsere intelligenteren Kinder lieben es zu helfen - aber leider auch, mit ihren spuckefeuchten Händen im Zucker oder Teig rumzumehren. Weshalb wir immer besonders wachsam sein mussten. Meine Kindergärtnerinnen waren auch erst etwas skeptisch, was das für ein Kuchen werden würde, in den Quark und Rosinen und Mandeln kamen. Noch schwieriger war es in der Küche zu erklären, dass ich die heißen kleinen Miniquarkstollen erst in heißer Butter und danach in Puderzucker wenden wollte. Trotzdem klappte das alles viel besser, als ich erwartet hatte, denn es war auch mein erstes Mal, dass ich diese Art Stollen buk.
Genossen haben wir das Stollenkonfekt dann erst am Freitag, denn wie sicherlich (zumindest den Hausfrauen unter uns) bekannt ist, muss Stollen eine Weile durchziehen. Da der Hefestollen von daheim aber einen Monat vor sich hindöst und ich das meinen süßen Kindern und lieben Mitarbeiterinnen nicht zumuten wollte, hatte ich mich für Quarkstollen entschieden, der nur einen Tag Ruhe brauchte. Schönerweise kam am Freitag auch der Nikolaus in unseren Kindergarten ... und natürlich, wer hätte es anders gedacht, Studenten. Was meine Magda eigentlich geplant hatte, weiß ich nicht, denn die Nikoläuse, die ich ausschnitt und auf mühsam zusammengesuchtes, rotes Papier klebte, verwendeten wir dann später doch nicht mehr. Dafür trafen wir uns um 10 alle in der grünen Gruppe, sangen Nikolauslieder und dann kam auf unser Rufen hin tatsächlich der Nikolaus durch die Tür. Er hatte für alle Kinder einen Filzstiefel mit kleinen Geschenken, etwa Pappbilderbüchern, mit Sand gefüllten Bällen oder Malheften dabei. Die Kinder liebten den Nikolaus, allen wollten immer den flauschigen Bart und den weichen Mantel anfassen, den Nikolaus umarmen oder auf seinem Schoß sitzen. Und dann sangen wir noch mehr Lieder und probierten endlich meine Stollen :-). Und ich kann stolz berichten, dass es alles sehr gut geschmeckt hat, viele waren überrascht, dass es so süß war, und wollten das Rezept haben. Und ich darf vor Weihnachten gleich noch mal backen :-) Seltsamerweise konnte niemand etwas mit dem Begriff Stollen anfangen, auch wenn ich gedacht hätte, dass Stollen ein relativ bekanntes deutsches Weihnachtsgebäck ist.


(Für mehr Bilder schaut auf die Website des Kindergartens unter
"Wolontariat Europejski / Rok szkolny 2014/2015")

Aber noch mal zurück zum Donnerstag: Die Foundation hatte uns eingeladen, nicht nur, um uns unser monatliches Geld zu geben, sondern auch, um mit uns eine kleine Nikolausfeier zu machen. Dafür gingen wir in ein ziemlich großes Bowling-Center, wichtelten einander kleine Geschenke und bowlten schließlich, was sich als großer Spaß herausstellte und ungeahnte Talente aufdeckte.