Donnerstag, 11. Dezember 2014

Mittwoch bis Freitag, 03. - 05.12.2014: Von Weltkriegen, Stollen und dem Nikolaus

Es wird langsam kalt hier in Polen. Der Tiefstwert lag schon mal bei -8°C, aber im Moment ist das Thermometer wieder auf knapp unter den Nullpunkt geklettert. Und wie ich letztens von meiner "ganz normalen Arbeitswoche" berichtet habe, ging es diese Woche gleich damit weiter und ein Event jagte den nächsten. Nachdem wir uns bestimmt 10x in der Foundation zur Vorbereitung getroffen hatten, fand am Mittwoch unsere erste Präsentation über den Ersten Weltkrieg statt. Elodie, Cornelius und ich fuhren in einen für uns sehr neuen Stadtteil, Bemowo, um in der zweiten Klasse eines Gymnasiums (was unserer 8ten Klasse entspricht) einen interaktiven Workshop durchzuführen. Wir wurden herzlich begrüßt und dann erst einmal zum Essen und auf eine Schulerkundungstour geschickt. Zwei Mädels führten uns herum und erzählten uns zum Beispiel, dass sie besser Französisch als Englisch konnten, weil sie etwa 8h pro Woche Französisch hatten, aber nur 2-3h Englisch. Schließlich durften wir tatsächlich 10min vor Unterrichtsbeginn den Raum betreten und uns vorbereiten, was etwas knapp bemessen war, wenn man bedenkt, dass wir Technik aufzubauen hatten, zumindest eine grobe Europakarte auf den Boden malen und für die Bewegungen im Spiel ein Gefühl für die Raummaße bekommen wollten. Die Vergabe der Länderzugehörigkeiten gestaltete sich dementsprechend auch etwas schwierig, zumal viel weniger Schüler da waren als erwartet - anstatt der versprochenen 25 beehrten uns gerade mal 18 Schüler plus die beiden Mädels aus der dritten Klasse.
Unser Spiel sollte also wie folgt aussehen: Jeder Schüler verkörpert eine Nation, die es vor dem Ersten Weltkrieg in Europa gab, große Nationen werden u.U. auch von mehreren Schülern vertreten. Jeder Schüler halt sich auf unserer interaktiven Landkarte dort auf, wo sich sein Land befindet. Dann erzählen wir den Schulen, wie es zum Krieg kam und was während des Krieges passiert ist. Und damit es nicht so langweilig ist, dürfen die Schüler alles spielen, war ihr Land macht, also zum Beispiel Aggressionen oder Bündnisse zeigen, Verträge unterschreiben oder in fremde Länder einmarschieren. Und dann fragen wir sie einfache Frauen, d.h. Fragen, bei denen man nicht viel falsch machen kann, denn in der 8ten hat hier in Polen noch kein Schüler etwas über den Ersten Weltkrieg gehört und pubertierende Kinder sollte man auf keinen Fall nötigen sich u.U. zu blamieren.

Krieg ...

... und Frieden!

Wir hatten keine Ahnung, ob die Schüler mitmachen würden und waren dann doch ganz froh, dass die, denen es gefiel, die anderen motivierten, dass sie sich gegenseitig bei Verständnisproblemen halfen und schließlich doch alle mehr oder minder involviert waren. Aufgrund der geringen Schülerzahl ließen wir einige Teile aus und hatten am Ende trotzdem Zeitnot, weil uns anstatt der angepriesenen 60min nur eine normale 45min-Stunde zur Verfügung stand. Nichtsdestotrotz ein gelungener, wenn auch nicht perfekter Workshop, der mir der Überarbeitung unseres Konzeptes für die kommende Woche half.
Am Donnerstag stand ein weiterer Höhepunkt meines Kindergartenalltags auf dem Programm. Unsere Direktorin hatte uns Freiwillige gebeten, etwas typisches aus unseren Ländern zu backen oder zu kochen und weil ja gerade Adventszeit ist, entschloss ich mich Stollen zu backen. Ich über setzte also meine Zutatenliste für die Küche ins Polnische und schlug ein paar Backverben nach ... mischen, kneten, verflüssigen, backen ... was man eben so braucht. Weil wir alle mal die Küche benötigten und in de Küche gleichzeitig noch das ganz normale Mittagessen gekocht wurde, cancelten wir die Unterrichtsstunde und fingen gleich mit dem Backen an. Wie immer durften die Kinder dabei helfen, al etwa gemeinsam Rosinen zugeben oder mit jemandem zusammen den Mixer bedienen. Den schwerer mental behimderten Kindern ist das meistens egal, aber unsere intelligenteren Kinder lieben es zu helfen - aber leider auch, mit ihren spuckefeuchten Händen im Zucker oder Teig rumzumehren. Weshalb wir immer besonders wachsam sein mussten. Meine Kindergärtnerinnen waren auch erst etwas skeptisch, was das für ein Kuchen werden würde, in den Quark und Rosinen und Mandeln kamen. Noch schwieriger war es in der Küche zu erklären, dass ich die heißen kleinen Miniquarkstollen erst in heißer Butter und danach in Puderzucker wenden wollte. Trotzdem klappte das alles viel besser, als ich erwartet hatte, denn es war auch mein erstes Mal, dass ich diese Art Stollen buk.
Genossen haben wir das Stollenkonfekt dann erst am Freitag, denn wie sicherlich (zumindest den Hausfrauen unter uns) bekannt ist, muss Stollen eine Weile durchziehen. Da der Hefestollen von daheim aber einen Monat vor sich hindöst und ich das meinen süßen Kindern und lieben Mitarbeiterinnen nicht zumuten wollte, hatte ich mich für Quarkstollen entschieden, der nur einen Tag Ruhe brauchte. Schönerweise kam am Freitag auch der Nikolaus in unseren Kindergarten ... und natürlich, wer hätte es anders gedacht, Studenten. Was meine Magda eigentlich geplant hatte, weiß ich nicht, denn die Nikoläuse, die ich ausschnitt und auf mühsam zusammengesuchtes, rotes Papier klebte, verwendeten wir dann später doch nicht mehr. Dafür trafen wir uns um 10 alle in der grünen Gruppe, sangen Nikolauslieder und dann kam auf unser Rufen hin tatsächlich der Nikolaus durch die Tür. Er hatte für alle Kinder einen Filzstiefel mit kleinen Geschenken, etwa Pappbilderbüchern, mit Sand gefüllten Bällen oder Malheften dabei. Die Kinder liebten den Nikolaus, allen wollten immer den flauschigen Bart und den weichen Mantel anfassen, den Nikolaus umarmen oder auf seinem Schoß sitzen. Und dann sangen wir noch mehr Lieder und probierten endlich meine Stollen :-). Und ich kann stolz berichten, dass es alles sehr gut geschmeckt hat, viele waren überrascht, dass es so süß war, und wollten das Rezept haben. Und ich darf vor Weihnachten gleich noch mal backen :-) Seltsamerweise konnte niemand etwas mit dem Begriff Stollen anfangen, auch wenn ich gedacht hätte, dass Stollen ein relativ bekanntes deutsches Weihnachtsgebäck ist.


(Für mehr Bilder schaut auf die Website des Kindergartens unter
"Wolontariat Europejski / Rok szkolny 2014/2015")

Aber noch mal zurück zum Donnerstag: Die Foundation hatte uns eingeladen, nicht nur, um uns unser monatliches Geld zu geben, sondern auch, um mit uns eine kleine Nikolausfeier zu machen. Dafür gingen wir in ein ziemlich großes Bowling-Center, wichtelten einander kleine Geschenke und bowlten schließlich, was sich als großer Spaß herausstellte und ungeahnte Talente aufdeckte.


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