Montag, 29. September 2014

Samstag, 27.09.2014: Von Kirchen, Parks und Anglern

Ich muss gestehen, dass dieser vielleicht der überraschendste Tag für mich war. Auch wenn nicht so großartig großartig, dafür aber mit lauter kleinen Momenten des Staunens. Alles begann mit dem Entschluss, einen Spaziergang zu machen, der dann durch das Schreiben von Postkarten und das Kochen von Behelfs-Kartoffelpuffern lange Zeit herausgezögert wurde. Mein Plan von Kabaty bis Imielin zu laufen (zwei Metrostationen die Hauptstraße entlang) wurde bald durch einen süßen Bio-Laden und einen netten Park unterbrochen. Am Eingang des Parks war ein kleiner Skaterplatz, der voller Sonne und junger Menschen war. Dahinter gakelten dünne Bäumchen hoch in den Himmel und verbargen einen sehr großen Spielplatz mit vielen Familien und einer kleinen Brücke, auf der ein Junge einen Apfel fotografierte. Na, wie auch immer ... hinter dem kleinen Pärkchen war eine sehr große Kirche. Und wie ich so bin, musste ich mir diese Kirche anschauen.



Die Kirche ist Ladislaus von Gielniów geweiht, einem Bernhadinermönch, Patron von Polen, Litauen und Warschau. In diese Kirche zu kommen war umwerfend, denn im Eingangsbereich ist viel Freiraum mit Säulen und durch die Sonne und die hellen, in Creme- und Pastelltönen gehaltenen Wände strahlte der ganze Kirchenraum. Vier Bankreihen zieren das Hauptschiff und der umgehbare Altarraum ist mit einem sehr großen Christus, den vier Evangelisten zu seiner Seite und den sieben Sakramenten ausgemalt. Auf beiden Seiten gibt es eine etwas abgegrenzte Seitenkapelle, einer für den Barmherzigen Jesus und eine für die Schwarze Madonna. Der Kreuzweg ist lebensgroß auf die Seitenwände aufgebracht.





Nachdem ich hier eine relativ lange Weile verbracht hatte, ging ich weiter und ob der fortgeschrittenen Zeit nahm ich ab Natolin (ihr ahnt es, der Station zwischen Kabaty und Imielin) die Metro zum Stadtzentrum. Mein Plan war es, die schöne Eisenbahnbrücke zu fotografieren, doch prompt war diese nicht auf der Seite, auf der ich sie vermutet hatte und ich auf einer sehr langen Brücke, die ich wegen hohen Auto- und Straßenbahnverkehres nicht einfach so queren konnte. Dafür war auf meiner Seite ein Auffahrunfall, in den 5 Autos involviert waren. Seltsamerweise saßen in allen Autos noch Insassen. Ich weiß nicht recht, wie man das in Deutschland handhabt, aber ich schätze, bei Unfällen besteht immer die Gefahr, das irgendetwas explodiert und Personen werden eher aus ihren Fahrzeugen evakuiert anstatt darin gelassen. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
Ich sah also auf der anderen Seite der Weichsel den Stadtteil Praga und zwei weitere Kirchtürme über die Häuserblöcke ragen, doch mein Weg wurde erneut durch einen Park abgelenkt, in dessen Mitte eine große Giraffe und eine Menge Hochzeitspaare standen.




Zu guter letzt informierte ich mich über die Öffnungszeiten des Zoos und ging zurück, denn es wurde langsam reichlich kühl. Ich schoss noch ein paar Bilder auf der diesmal richtigen Seite der Brücke, doch das Licht war nicht mehr so gut. Und wie ich so heruntersah, auf eine kleine Sandinsel, die in die Weichsel hineinragt, winkte mir jemand zu. Natürlich winkte ich zurück, das hat man ja schon tausenmal gemacht. Aber dieser Angler, der auch noch gerade einen Fisch gefangen hatte, winkte mich zu ihm. Ich war erst skeptisch, doch eigentlich voller Abenteuerlust, und ohne Angst vor Sprachbarrieren versuchte ich mein Glück und stürzte mich ins Dickicht des Inseldschungels. Der Angler hieß Janusz und konnte glücklicherweise etwas Deutsch, denn er hatte 5 Jahre in Deutschland gearbeitet, als Computertechniker. Und so saßen wir an der Weichsel, unterhielten uns in einem deutsch-polnischen Mischmasch über Warschau, Deutschland, polnisches Essen und Angeln und angelten nebenher, während es rundherum dämmriger und kühler wurde und auf der Altstadtseite die Beleuchtung anging. Eine schöne Erfahrung, eine gute Gelegenheit, einen eingefleischten Warschauer zu treffen, der nicht jugendlich ist und bloß die besten Bars kennt. ^^ 
Mein Rat also an alle, die manchmal vor so einer Entscheidung stehen, so eine Gelegenheit sehen und sich fragen, was sie tun sollen: Habt den Mut, mal etwas Verrücktes zu wagen, denn sonst ärgert ihr euch hinterher, es nicht getan zu haben.



Janusz und ich

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