Meine Schilderungen des polnischen Osterfestes
beginnen eine Woche vorher am Palmsonntag. Während wir in
Deutschland gerne mit bunten Bändern und Eiern verzierte Büschel
aus Buchsbaum mit in die Kirche nehmen, werden in Polen Palmzweige
aus zum Teil eingefärbtem Stroh gebastelt, welche auch nur selten
zusätzlich mit Buchsbaum verziert werden. Wer keinen von zu Hause
mitgebracht hatte, konnte zumindest in meiner Gemeinde für 5 zł
welche vor der Kirche kaufen. Auch der Priester zog mit einem (sehr
langen) Palmwedel ein, welcher während der Messe vor dem Tabernakel
platziert wurde. Im Unterschied zu deutschen (Diaspora-)Gemeinden
wurde auch während der gesamten Passion gestanden und nach dem Tod
Jesu gekniet. Im Deutschland setzten wir uns meistens nach den ersten
paar Sätzen hin.
Die Woche nach Palmsonntag verbrachten wir fast
täglich mit Chorproben und am Gründonnerstag (Wielki Czwartek –
Hoher Donnerstag) war es dann
endlich soweit und wir präsentierten ein Repertoire an schönen
Chorstücken. Auch an jenem
Festtag konnte ich wieder eine Reihe von Unterschieden erkenne, was
schon bei der Anzahl der auflaufenden Ministranten anfing. Schon
heute konnte ich von meinem erhöhten Emporenplatz 30 Minis zählen,
obwohl die wichtigen Aufgaben nur von älteren Ministranten oder
alten Männern übernommen wurden. Ein Mann las (die ganze Festwoche
über) vor jeder wichtigen Handlung aus einem Heft vor, was nun
folgen würde und welchen Ursprung und welche Bedeutung das hätte.
Ein zweiter übernahm das Dirigat der Ministranten und der ganzen
Gemeinde, bedeutete ihr also zum Beispiel, wann man aufzustehen und
sich hinzuknien habe. Zur
Fußwaschung waren 12 gestandene, ältere Männer eingeladen worden,
während in meiner Heimatgemeinde in Jena auf Vielfalt geachtet wird
und Frauen, Männer und Kinder, Erstkommunionkinder, Firmlinge,
Ministranten und Mitglieder des Pfarrgemeinderates vertreten sind.
Die zum Gloria das letzte mal
läutenden Glocken wurden zum Hinknien und Aufstehen durch eine
Ratsche und im Hochgebet durch Klappern ersetzt. Die
Kommunion wurde in beiderlei Gestalten gereicht. Dazu gab es
besondere Hostienschalen mit Vertiefung in der Mitte, in welcher sich
der Wein befand. Nach der Eucharistie wurden die übrigen Hostien in
einer Prozession durch die ganze Kirche zu einem sehr schön
geschmückten und beleuchteten Seitentabernakel gebracht. Während
der Prozession knieten die Leute laolawellenartig dort nieder, wo das
Allerheiligste vorbei kam, um für einen kurzen Moment wieder
aufzustehen und dann zum gemeinsamen Gebet wieder zu Boden zu sinken.
Nach der Messe nutzen viele
die Gelegenheit zum persönlichen Gebet.
Auch am Hohen
Freitag (Wielki Piątek,
Karfreitag) führte uns wieder ein Vorleser durch die Handlungen des
Tages. So sagte er z.B. an, dass nun die Großen Fürbitten kämen,
immer zuerst eine
gesungene Einladung mit Nennung des Anliegens, dann eine Zeit des
stillen Gebets und schließlich die Zusammenfassung des
Gebetsanliegens in der Oration. Nach der ersten Fürbitte begann die
Stillezeit aber ohne das gewohnte „Beuget die Knie!“, überdies
war sie sehr kurz: Kaum drei Sekunden nach Ende des Gesanges kamen
die Mikrofonministranten schon wieder hereingelaufen und die Oration
begann.
Als
das Kreuz von hinten in einer Prozession nach vorn getragen wurde,
knieten wir uns nach jedem Mal Singen „Seht das Holz des Kreuzes
...“ für einen vom Dirigenten angedeuteten Moment lang hin. Auch
die Kreuzverehrung sollte sich spannend gestalten: Da zu viele Leute
in er Kirche waren, wurde bald nach Beginn der Verehrung ein zweites
Kreuz herbeigeschafft. Man machte eine Kniebeuge und küsste dann das
Kreuz. Auf jeder Seite stand ein Mini, der die geküsste Stelle
danach der Hygiene halber mit einem Tuch abwischte. Wir Chorsänger
waren die ersten bei der Kreuzverehrung, da wir danach singen
sollten. Und gerade bevor ich dran war wurde angesagt, dass man keine
Kniebeuge mehr machen solle, da das zu lange dauere.
Zur
Kommunion wurde das das Allerheiligste aus dem Seitentabernakel
geholt. Hinterher wurde der Leib Christi in der Monstranz ausgesetzt
und schließlich mit der Monstranz zu einem zweiten Seitenaltar
prozessiert. Die Monstranz wurde mit einer seidenen Haube überdeckt
und die ganze Nacht lang gestalteten verschiedene Gruppen die
Anbetung.
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