Mittwoch, 1. April 2015

Mittwoch bis Montag, 18. - 23.03.2015: Von Pol zu Pol oder "Polskibus"

Dieses verlängerte Wochenende verbrachten Ira und ich im Ausland ... im deutschsprachigen Ausland. Unsere Reise nach Wien und Bratislawa stand an. Die Nacht in Polskibus gestaltete sich als schrecklich, auch wenn wir ab Tschenstochau beide einen Doppel Sitz für uns allein hatten und das sogar in der ersten Reihe. Die Aussicht konnten wir in der Nacht ja aber doch nicht genießen und die breite Fensterfront ließ uns sehr frieren  bereits jetzt bereute ich, keine zweite Jacke mitgenommen zu haben, denn es war extrem kalt und die Heizung schien nicht zu laufen. Trotzdem kuschelte ich mich irgendwie auf den Sitz und hoffte aus Müdigkeit ein ums andere Mal, dass wir noch nicht angekommen sein mögen. Anstatt der geplanten 6.45 Uhr wurden wir allerdings bereits eine halbe Stunde eher aus dem Bus in die kalte Stadt Wien geschmissen. Und so suchten wir zunächst das Bahnhofsgebäude auf, ums uns aufzuwärmen und zu frühstücken und auch, um ein bisschen Zeit tot zu schlagen, denn wir gingen noch immer davon aus, man wurde uns gegen 8 vom Westbahnhof abholen.

Frühstück im Hauptbahnhof

Die von Google maps abfotografierte Karte brachte uns zu Fuß an uns Ziel, vorbei an einem dm, in dem ich mich mit Taschentüchern und Ira mit einer Zahnbürste ausstatteten. Auch den Erlebnisbesuch bei Billa ließen wir uns nicht entgehen, auch wenn wir nichts fanden, was schon abgelaufen war und damit für uns gratis gewesen wäre. Am Bahnhof selbst suchten wir dann erst mal Internet, um unserem Host Hussain Bescheid zu geben, dass wir angekommen waren und wo wir uns treffen würden. Nun ja, Pustekuchen. Er war nicht da und bat um ein Treffen um 12 am selben Ort. Das hatte er ja auch mal eher sagen können, als wir noch in der Innenstadt waren oder so. Wir kauften also schlussendlich unser 72h-Ticket und gondelten in das Herz Wiens zurück. Eine erste kleine Tour führte uns am Dom vorbei zur Hofburg, wo wir picknickten, und schließlich zu zwei Museen, Zigeunern und einem Elefanten.

Irgendwo bei der Albertina ;)



Zurück Westbahnhof empfingen wir die Nachricht, eine Station weiter zu fahren, wo wir schlussendlich unseren Gastgeber trafen. Schnell warfen wir unser Gepäck in sein Auto und fuhren gemeinsam in die Stadt, erkundeten die freien Teile des Stefansdomes (denn für manche muss man Eintritt bezahlen), ließen uns ein paar Tipps geben, wo man billig essen kann und wurden dafür mit einer nicht enden wollenden Stadtführung an Orte, die wir schon vom Morgen her kannten, belohnt. 
Wir irrten noch ein wenig durch die alten Gassen, bis wir uns auf den Heimweg machten, denn wir hatten vereinbart uns um 3 oder 15.15 Uhr oder vielleicht auch halb 4 wieder zu treffen. Wir waren etwas zu zeitig und statteten dem nahen Spielplatz einen Besuch ab. Auffallend war, gerade nach dem ausländerfreien Polen, die hohe Anzahl an … ja, Ausländern. Auf dem ganzen Spielplatz sah ich ein österreichisches Kind, der Rest war muslimisch, einige waren jüdisch (erkennbar an ihrer Locke), die Eltern und Großeltern hockten auf Bänken und Sandkastenrändern zusammen und schnatterten.
Wir waren so früh von unserer Erkundungstour zurückgerufen worden, weil unser Host auf Arbeit musste und er uns die Schlüssel seiner Wohnung übergeben wollte. Er hatte nämlich nur einen Satz davon. Wir nutzten die Gelegenheit für ein kleines Picknick und dann ob der uns überkommenden Müdigkeit für ein Nachmittagsschläfchen. Wir hatten uns nämlich vorgenommen, einen Gottesdienst im Stefansdom zu besuchen und bis dahin hatten wir noch ein wenig Zeit. Pünktlich um 7 standen wir dann auf der Matte, erlebten noch den Segen der vorhergehenden Messe mit Weihrauch und Ministranten, bevor unsere eher bescheiden ausgeschmückte Feier begann. Ich genoss aber jeden Zug deutscher Messfeier, schmetterte jedes Lied ausgelassen mit (was mir das Gefühl gab, als einziger zu singen) und ergötzte mich an der Atmosphäre des Domes. Zur Fastenzeit lief eine Aktion: Man konnte Zettel mit Gebeten oder Bitten schreiben und in Würfel hängen, zwischen deren Kanten Bänder gespannt waren. Diese Gebetwürfel wurden dann an verschiedenen Ecken der Kirche aufgestellt und angeleuchtet. Auch Ira wurde Teil dieses großen Ganzen.




Schließlich suchten wir die Ringstraße auf, um das Parlamentsgebäude, das Rathaus und die Uni bei Nacht schön beleuchtet bewundern zu können. Es lohnte sich – mehr schafften wir aber nicht mehr. Nach einer abschließenden Dusche und Plänen für den nächsten Tag fielen wir in unruhige Träume.
Ich musste des Nachts noch Hussain die Tür öffnen. Welch Wunder, dass ich kurz zuvor vom Klingeln der Tür geträumt hatte. Ich erklärte ihm aber gleich, dass wir beabsichtigten, das Haus schon frühzeitig zu verlassen, und er war einverstanden, schlug ein Wiedersehen am Nachmittag vor.
Gegen 9 Uhr brachen wir gen Hundertwasserhaus auf. Obwohl ich kein Fan von Hundertwasser bin und schon viele seiner Arbeiten hatte sehen müssen, besuchte ich natürlich Ira zuliebe diesen Ort, denn sie war von einem Bild seiner Architektur ganz hin und weg gewesen. Als wir ankamen, war es 10 und ich hörte eine Frau auf der Straße sagen, dass es noch eine halbe Stunde bis zur Sonnenfinsternis sei. Wir spazierten also um die künstlerisch wertvollen Säulen herum, an der gestalteten Fassade entlang, schossen ein paar Bilder in der britischen Telefonzelle und machten uns wieder zu Fuß auf den Weg in die Innenstadt. Da die Sonne sehr hell strahlte, war es unmöglich, ohne Sonnenschutz hineinzuschauen. Vor einer Kirche fanden wir aber ein paar Passanten, die das Schauspiel von Sonne und Mond gebannt verfolgten und die uns auch mal einen Blick durch ihre gedunkelten Glasscheiben werfen ließen.
Eigentlich waren wir auf der Suche nach einem Ostermarkt in der Dominikanerbastei, aber nachdem wir besagte Straße hoch und runtergelaufen waren und uns auch die Passanten nichts Genaueres verraten konnten, gaben wir auf und schlugen den Weg zur Ankeruhr ein. Sie zeigt jede Stunde eine andere Figur an und um 12 findet eine Figurenparade statt. Alle Figuren präsentieren sich dann ein Mal, während eine für deren Zeit typische Musik spielt. Als wir ankamen präsentierten sich noch Kaiserin Maria Theresia und ihr Gemahl um nach dem Schauspiel von Meister Joseph Haydn abgelöst zu werden.


Am Hundertwasserhaus

Die Ankeruhr halb 12: Kaiserin Maria Theresia und ihr Gemahl

Anschließend begaben wir uns auf den Weg zum Prater, wo wir eine typisch Wienerische Bosna aßen und ein wenig herumschlenderten. Es war nicht besonders voll, immerhin war Wochentag. Einige Fahrgeschäfte hatten gar nicht geöffnet, hier und da wurden Restaurierungsarbeiten vorgenommen. Wir ließen uns eine Weile von den sich bewegenden Bildern eines Geisterhauses unterhalten, bevor wir beschlossen, nicht damit zu fahren, sondern unser Geld lieber auf einem anderen Ostermarkt für einen warmen Apfelstrudel auszugeben.
Und schon war es Zeit sich mit Hussain zu treffen. Wir sprangen in sein Auto und fuhren ein bisschen durch den Wiener Wald hinaus in die schöne Natur an einen Fluss, wo wir den Sonnenuntergang genießen konnten. Anschließend stieg in unserem Haus eine kleine Privatparty, aber das ist eine andere Geschichte …


Der Prater und sein berühmtes Riesenrad

Ostermarkt ... fast wie zu Weihnachten


party hard ...

Am nächsten Morgen brachte uns Hussaine noch zum nahen Schloss Schönbrunn, bevor er zur Arbeit aufbrach. Uns erwartete dort nicht nur strahlendes Wetter, sondern auch Menschenmassen, die sich über den Vorplatz, den Park und den, ihr erratet es, Ostermarkt ergossen. Der Markt hier hatte erst am Samstag geöffnet und war relativ groß. Es gab sehr viele Essstände, aber noch mehr Buden mit Osterschmuck, oft bemalten oder anderweitig verzierten Eiern. Für Kinder gab es sogar eine Eierwerkstatt. Auch wir flanierten wie zwei Königinnen zwischen den tristen, blattlosen, perfekt beschnittenen Buschreihen, legten eine Pause nahe einem kleinen Springbrunnen ein und versuchten uns vorzustellen, wie es wohl für die Menschen von vor 100 Jahren gewesen sein musste, hier zu leben.
Die letzten Stunden vor unserer Abfahrt nach Bratislava verbrachten wir  auf einer Parkbank im Schlossgarten von Belvedere. Dann liefen wir zurück zum Hauptbahnhof, suchten den richtigen Bus und stiegen erschöpft ein.


Schloss Schönbrunn

Im Schlossgarten findet man lauter putzig beschnittene Bäume


Schloss Belvedere

In Bratislava war es nicht ganz so schwierig, unseren Host zu finden. Nachdem wir uns bei subway gestärkt hatten, nahmen wir einen Trolli zum Hauptbahnhof und liefen ein paar Treppen hinab zur richtigen Wohnung. Durch Zufall kamen wir in den Innenhof des sehr alten Gebäudes, dort gab es aber keine Klingelschilder und so warteten wir einfach ab, wann unser mexikanische Gastgeber Eduardo von seinem Fußballtraining kommen würden. – Wir warteten etwa eine halbe Stunde, denn wir waren recht früh und er etwas spät, aber das Zusammentreffen war sofort sehr offen und gastlich, er lud uns ein, uns wie zu Hause zu fühlen, bot uns Guacamole und Fladenbrot zum Abendessen an und wir redeten noch eine ganze Weile, bevor Ira und ich versuchten, es uns auf der wirklich sehr schmalen Matratze im 2x2m-Raum gemütlich zu machen.
Am nächsten Morgen lud uns unser Gastgeber zu einer Erkundungstour durch die Stadt auf und mit so kompetenter Führung (er hat immerhin einen Stadtführer über Bratislava herausgegeben) gestaltete sich der Trip als höchst interessant und abwechslungsreich, auch wenn sich herausstellen sollte, dass stimmte, was uns alle gesagt hatten: Ein halber Tag reicht, um in dieser kleinen Stadt alles gesehen zu haben. Wir passierten zum Beispiel den Soldaten, den Napoleon damals in Bratislava vergessen hatte und dort noch drei Tage lang auf dem Markt von den Einheimischen versorgt wurde. Oder den Mann, der im Gulli stand und den vorbeigehenden Frauen unter den Rock schaute. Da sein Denkmal schon mehrmals von LKWs ramponiert wurde, die ihn einfach nicht gesehen hatten, macht jetzt sogar ein Schild auf den "man at work" aufmerksam.
Den Nachmittag verbrachten wir zu Hause, zumal ich anfing zu kränkeln. Und die Rückfahrt gab mir dann wahrhaftig den Rest: Im Gegensatz zur Hinfahrt war diesmal die Heizung großzügig angelassen worden und mit jeder Station, jeder einsteigenden Person, jeder Stunde wurde es wärmer, stickiger, heißer in dem verdammten Bus und der Busfahrer wollte uns dann tatsächlich noch etwas Gutes tun und holte noch ein bisschen mehr aus den Heizkörpern heraus, dass meine nackten Füßen auf dem Heizkörper zu brennen begannen. Ich ließ mich also für den Rest der Woche krank schreiben. Trotzdem eine schöne Reise! =)


Mein "Rock" war reichlich knapp ...


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