Freitag, 23. Januar 2015

Samstag bis Sonntag, 17. - 18.01.2015: Wie zwei unbekannt' Gefährten uns viel über Lublin lehrten

Getreu unserem Motto, bis zum Ende unseres EVS möglichst viel von Polen gesehen zu haben, brachen wir an jenem Wochenende in die von vielen empfohlene aber von wenigen besuchte Stadt Lublin auf. Sie hat fünf Universitäten und im Moment sehr viele ukrainische Studenten. Aber mal davon abgesehen ist Lublin die Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft, die neuntgrößte Stadt Polens und nur 3 Polskibusstunden von Warschau entfernt, weshalb Ira und ich unsere Ränzlein packten und bei warmem, sonnigem Wetter gen Südosten aufbrachen. Der Bus war sehr voll, denn viele Lubliner arbeiten in Warschau und pendeln wöchentlich zwischen den beiden Großstädten hin und her. In Lublin empfing uns zuerst das Schloss mit seinem Eulenkopf-Eingang, dann ein riesiger Busbahnhof mit vielen, sehr hässlichen, unterschiedlich großen Blockbauten dahinter. Besonders ins Auge sprang jedoch der neue Komplex des Krebs-Centrums, der in grellem rot und neongrün angestrichen war. Wir ließen uns jedoch nicht entmutigen und trafen auch schon bald unsere Gastgeber, bei denen wir übernachten würden. Das liebe Ehepaar von Mitte 30 war mit Bein und Bauchnabel aus Lublin und konnte uns nicht nur eine Menge über die Stadt erzählen, sondern auch die interessanten Ecken ab von den Touristenströmen zeigen (naja, Touristenströme waren nun nicht gerade unterwegs, aber es sind ja auch gerade Ferien und viele bestimmt in den Bergen Skifahren ...). 
Zuerst besuchten wir das Lubliner Schloss, welches im 14. Jahrhundert errichtet worden war, aber im 17. im polnisch-schwedischen Krieg fast vollständig zerstört wurde. Nur der Turm und die alte Dreifaltigkeitskapelle sind heute noch im Original zu bestaunen. Besonders wertvoll ist die im gotischen Stil erbaute Kapelle, die innen allerdings nach östlicher Art vollständig ausgemalt und in Blautönen gehalten ist.


Blick in den Innenhof des Schlosses mit Donjon

In der Kapelle

Im Museum des Schlosses fanden wir alte Theater, Nussknacker verschiedener Länder und einen Tisch, um den sich eine Sage rankt: Einer Frau gehörte ein Haus, aber ein reicher Mann wollte dieses Haus haben und beschuldigte die Frau der Hexerei. Er bezahlte den Richtern viel Geld, sodass das Urteil zu seinen Gunsten ausfiel. Über das ungerechte Urteil empört rief die Frau, dass selbst die Teufel ein gerechteres Urteil fällen könnten. Dafür muss man nun wissen, dass unter Lublin früher Teufel gewohnt haben (oder heute immer noch tun?). Als die Teufel das hörten, kamen sie des Nachts von unter der Erde nach oben und machten einen neuen Prozess, der der Frau ihr Haus zusprach. Als Zeichen, dass das Urteil rechtskräftig war, hinterließ der Oberteufel seinen Handabdruck auf dem Richtertisch, welchen man heute im Museum anschauen kann.
Nach einigen Diskussionen, ob Teufel nun nur an den Füßen Hufe haben oder auch an den Händen (denn wie sollten sie dann Handabdrücke hinterlassen) querten wir eine kleine Brücke und standen schon in der Innenstadt, die zwar schön alt ist, aber auch sehr zerfallen und nicht renoviert, weshalb der Charme der Gebäude nicht so hervorkommt. Auf unser Fragen erklärte man uns, dass nach dem Krieg die meisten Hauseigentümer enteignet wurden und viele nun darauf warteten, bis die Stadt die Häuser renoviert hatte, um sich nicht an den Kosten beteiligen zu müssen, weshalb sich die Stadt nicht so viel Mühe gibt, die Altstadt wieder herzurichten.

Die linke Hand des Teufels ...


Grundrisse der St. Michaelskirche auf dem Plac Po Farze

Eine renovierte Ecke in der Altstadt

Zu Abend aßen wir in einem gemütlichen, typisch polnischem Gasthof, bevor wir auf unserem Abendspaziergang am Jeans-Denkmal vorbeikamen und dem Wahrzeichen der Stadt, der Ziege, einen Besuch abstatteten.
Unsere Gastgeber hatten wir auf Couchsurfing gefunden, einer Webseite, die bestimmt einigen bekannt ist. Man kann dort, wenn man verreisen will, nach Leuten suchen, die noch ein Bett oder ein Sofa frei haben und das kostenlos für Reisende anbieten. Der Gedanke hinter Couchsurfing ist aber nicht nur das billige Übernachten auf Reisen, sondern dass man auf diesen Reisen interessante, internationale Leute treffen und sich austauschen kann. So zeigten uns unsere Hosts Bilder von ihrem letzten Japan-Urlaub und ich muss schon sagen ... jetzt will ich auch mal da hin.
Da das Wetter am Sonntagmorgen drastisch umgeschlagen hatte, entschieden wir uns gegen einen Ausflug zum See, sondern besuchten das nahe Konzentrationslager Majdanek. Trotz der knappen Zeit konte ich viele Eindrücke sammeln und möchte sie adäquat aufbereiten, weshalb der Bericht über Majdanek später folgen wird.


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