Während
man in Deutschland das Wort „Feminismus“ schon gar nicht mehr
hören will, erst recht nicht, wenn Herr Professorin XYZ um
noch eine Frauenquote kämpft, ist die Gleichstellung von Mann und
Frau in Polen zwar auch ein aktuelles Problem, aber viel weniger
publik und erhört als bei uns zu Hause.
Offiziell
gibt es die Gleichstellung der Geschlechter seit 1989 mit dem Beginn
der Dritten Polnischen Republik, doch ein Gleichstellungsgesetz fehlt
bis heute. Schuld daran ist der Druck konservativer Kräfte in Staat
und Kirche, die den Bestrebungen der etwa 300 polnischen
Frauenorganisationen entgegenwirken, und das mangelnde Interesse der
Regierungen an den öffentlichen Interessen der Frauen, wie in vielen
anderen osteuropäischen Ländern auch. Dass man die Anliegen der
polnischen Frauen nicht ernst nimmt, zeigt sich auch im Umgang mit
dem Amt für Geschlechtergleichstellung, welches 2006 von der
Regierung einfach aufgelöst und zwei Jahre später zwar wieder
eingesetzt wurde, aber ohne Kompetenzzuweisungen und damit klar
definierte Zuständigkeiten zugewiesen zu bekommen.
Seit
1997 gibt es zwar erste Ansätze, so ist in der Verfassung vom 02.
April 1997 die Gleichstellung der aller Bürger in Bezug auf die
Rechtsprechung, Menschen- und Bürgerrechte garantiert. Das
Arbeitsrecht regelt außerdem eine gleiche Behandlung bei
Einstellungen in einen Job, indem es die Diskriminierung einzelner
Bewerber aufgrund verschiedener Grundvoraussetzungen verbietet. Ein
nationales Programm hingegen, welches rassistische und
fremdenfeindliche
Diskriminierung bekämpfen und für Toleranz werben soll, sieht
Frauen nicht als benachteiligte Gruppe an.
Dabei
verdienen Frauen im Schnitt 28% weniger Geld im selben Beruf bei
gleicher Qualifikation. Des Weiteren werden besonders in Politik und
Wirtschaft Männer bevorzugt auf höhere Posten befördert. Grund
hierfür ist zudem der Umstand, dass sich Frauen betreffende Gesetzte
wie Regelungen zum Mutterschaftsurlaub oder zu Alimenten mit jedem
Regierungswechsel ändern. Unternehmen stellen so lieber Männer ein,
um von der „politischen Konjunktur“ unabhängig zu bleiben.
Im
Jahr 2001 engagierten sich die beiden linken Parteien Arbeitsunion
(UP) und Bund
der Demokratischen Linken
(SLD) sowie die liberal-konservative Bürgerplattform
(PO) zum ersten Mal für ein 30%-ige Frauenquote auf Wahllisten, die
2011 von Präsident Komorowski auf 35% erhöht wurde. In Wissenschaft
und Kultur sind Frauen in Führungspositionen hingegen immer noch
eine Seltenheit, konzentriert sich die Geschlechter- und
Frauenpolitik doch eher auf Schwangere, z.B. durch die Zahlung eines
Entbindungsgeldes in Höhe von 1000 Zloty (ca. 240 Euro). Das
Kindergeld, welches an kinderreiche Familien gezahlt wird, ist sehr
knapp bemessen und die Betreuung in Kindergärten ist so hart
umworben, dass man seine Kinder manchmal schon vor der Geburt, ja
sogar schon vor der Schwangerschaft für einen Platz anmelden muss.
Das
aktuell am stärksten diskutierte Thema ist das Abtreibungsrecht:
Schon seit Jahren trauen sich die verschiedenen Regierungen nicht an
eine Novellierung des Gesetztes heran. Zur Zeit ist eine Abtreibung
in Polen illegal, es sei denn, die Schwangerschaft gefährde die
Gesundheit der Mutter oder stamme aus einer Vergewaltigung. Trotz der
konservativen Meinung zur Abtreibung und des Drucks aus dem
konservativen Spektrum der Kirche sind alle Versuche, ein Verbot der
Abtreibung in der Verfassung zu verankern, bis jetzt gescheitert.
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